(Seite 4 bis 104) Das
Aufnahmeverfahren stellt sich in Kürze
wie folgt dar: wir verwenden dazu eine Kamera,
im Grunde nichts anderes als den S.
2 erwähnten Kasten, dessen
Vorderseite ein Loch und darin eine Sammellinse
(Brennglas, Vergrößerungsglas,
auch Objektiv genannt) trägt, und an
dessen Hinterseite wir abwechselnd eine
Mattglasscheibe oder (natürlich in
den Kasten lichtdicht eingeschlossen) eine
Glasscheibe anbringen können, die mit
einer lichtempfindlichen Schicht überzogen
ist. Die Kamera ist so eingerichtet, dass
sich der Abstand zwischen Linse und Rückwand
(Mattglas oder lichtempfindlicher Platte)
verändern lässt. Richten wir diese
Kamera gegen einen weit entfernten Turm,
und bewegen wir die Mattscheibe näher
und ferner vom Objektiv, so finden wir bald
eine Stelle, an der uns auf der Mattscheibe
der Turm in seinen Umrissen am klarsten
erscheint: wir haben dann das Bild "scharf
eingestellt". Diese
Scharfeinstellung verändert sich mit
der Entfernung des Gegenstandes: richten
wir die Kamera gegen einen nahen Gegenstand,
z.B. gegen das Fensterkreuz, so müssen
wir die Mattscheibe viel weiter von der
Linse entfernen als früher, um wieder
ein scharfes, d.h. möglichst klar begrenztes
Bild des Gegenstandes zu erhalten. Um also
von jedem Gegenstande ein scharfes Bild
geben zu können, muss die Kamera verlängerbar
und verkürzbar sein; dies ist nur dann
nicht nötig, wenn man darauf verzichtet,
ganz nahe Gegenstände aufzunehmen.
Seite 4 zur Inhaltsübersichtzum Stichwortverzeichnis Nach
diesem kurzen überblick über das
ganze Verfahren wollen wir die Hilfsmittel
und Verfahren im einzelnen betrachten. Die einfachste Form der Linse ist das Vergrößerungsglas, ein Stück klaren Glases, das mindestens auf einer Fläche kugelig (konvex) geschliffen ist, die andere Fläche kann auch kugelig oder schalenförmig (konkav) geschliffen sein (vgl. Bild 4). Solche Linsen dienen auch als Brenngläser, Brillen für Weitsichtige (Presbyopische) und in Theatergläsern an der vom Auge abgewendeten Seite.
²Anfänger mögen zunächst nur die größerer Schrift gedruckten Ausführungen lesen ! Seite 5 zur Inhaltsübersichtzum Stichwortverzeichnis
Richten wir die Linse gegen eine nähere Lichtquelle, z.B. eine Lampe, so rückt auf der anderen Seite der Linse das Bild weiter von der Linse weg (vgl. Bild 5b), wir müssen die auffangende Fläche (Papier oder Mattglasscheibe) weiter abrücken, um ein scharfes Bild zu erhalten; diese Entfernung nennt man die Bildweite.
³Vermindern wir die Gegenstandsweite noch mehr, so wird die Bildweite und die Ausdehnung des Bildes immer größer, wir erhalten eine Vergrößerung (Bild 5d). Dies geht so lange, bis der Gegenstand sich nahe dem Brennpunkte auf der einen Seite der Linse befindet, das Bild ist dann auf der anderen Seite schon in eine solche Bildweite gerückt, dass wir es nicht mehr auffangen können; steht der Gegenstand genau im Brennpunkte, so entsteht überhaupt kein Bild mehr; ist der Gegenstand eine Lichtquelle(z.B. Glühlampe), so werden jetzt durch die Linse die Strahlen dieser Lichtquelle parallel gemacht und parallel ausgesandt (Bild 5e); derartiges paralleles, gesträhltes Licht wird in Vergrößerungs- und Projektionsapparaten (vgl. S. 125) verwendet, und eine so angewendete Linse wird Kondenser oder Kondensator genannt. Wenn eine Linse z.B. eine
Brennweite von 15 cm hat, so entwirft sie
uns von sehr weit entfernten Gegenständen
(weiter als etwa 200m) ein scharfes Bild
in 15 cm Entfernung von der Linse, die Bilder
näherer Gegenstände liegen in
einer Entfernung von 15-30 cm, bei 30 cm
Bildweite wird das Bild genau so groß
wie der Gegenstand; für die meisten
Aufnahmen kommen nur diese Bildentfernungen
zwischen einfacher und doppelter Brennweite
in Betracht, größere Bildentfernungen
kommen in der Regel nur beim Vergrößern
(vgl. S.
120) zur Verwendung. ³Anfänger mögen bitte die mit kleiner Schrift gedruckten Abschnitte überspringen Seite 6 zur Inhaltsübersichtzum Stichwortverzeichnis
Ein anderes, für das praktische Arbeiten wichtiges Bestimmungsstück jeder Linse ist das öffnungsverhältnis (Lichtstärke), auch relative öffnung genannt. Lässt man das Licht durch die volle Fläche der Linse hindurchfallen, so erhält man ein Bild von geringer Schärfe und Klarheit; um es zu verbessern, decken wir die Randteile der Linse zu, indem wir vor die Linse eine Platte mit einem kreisrunden Ausschnitt stellen, eine Blende (vgl. Bild 6 und S. 21). Je
größer der Ausschnitt ist, desto
mehr Licht kann durch die Linse hindurch
(desto kürzer können wir also
belichten), desto weniger scharf ist aber
das Bild; je kleiner der Ausschnitt ist,
desto weniger Licht kann durch die Linse
hindurch, desto schärfer aber wird
das Bild. Das hinter der Linse gegen die Platte gerichtete Licht breitet sich nämlich kegelförmig auf eine immer größere Fläche aus, so dass auf jeden Teil der Fläche um so weniger Licht kommt, je weiter er entfernt ist (vgl. Bild 7), und zwar kommt auf jeden Teil z.B. bei doppelter Brennweite (= 30 cm) ¼ des Lichtes, das auf ihn bei 15 cm Brennweite fällt, wenn der Durchmesser der Blende in beiden Fällen gleich ist. Die Helligkeit nimmt also bei gleichbleibendem Blendendurchmesser und Verlängerung der Brennweite ab, und zwar im quadratischen Verhältnis der Entfernung; sie sinkt also bei der Verdoppelung der Brennweite auf ein Viertel, bei Verdreifachung auf ein Neuntel usw.
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Die
Helligkeit des von der Linse entworfenen
Bildes hängt daher von dem Verhältnis
des Blendendurchmessers (Blendenöffnung)
zur Brennweite ab; dieses öffnungsverhältnis
(relative öffnung) wird durch die Fokusbruchzahl
(F = Fokus = Brennweite) ausgedrückt;
bei einem Objektiv von 15 cm Brennweite
und 2 cm Blendenöffnung ist die relative
öffnung = 2 : 15 = 1/7,5 und die Helligkeit
bei dieser Blende wird mit 1:7,5 oder F:7,5
(auch F/7,5) ausgedrückt. Bei 30 cm
Brennweite und 2 cm Blende wäre das
öffnungsverhältnis = 2:30 = 1/15
(oder F:15). Hat
von zwei Objektiven z.B. das eine 3 cm größte
Blendenöffnung und 12 cm Brennweite,
so ist Blende durch Brennweite = 3/12 =
¼ . Hat das andere 2 cm größten
Blendendurchmesser und 14 cm Brennweite,
so ist Blende durch Brennweite = 1/7. Die
Helligkeit beider Objektive verhalten sich
dann zueinander wie (1/4)2 : (1/7)2 = 1/16
: 1/49 = 3 : 1. Durch Vorsetzen einer Milchglasscheibe vor das Objektiv lässt sich leicht die wahre öffnung bestimmen, indem einfach der Durchmesser des Lichtkreises gemessen wird. Man kann auch ein Stück Bromsilberpapier in den Objektivdeckel legen (unter Vermeidung störender Nebenbelichtung des Papiers) und diesen dann aufsetzen; man erhält so gleich eine leicht auszumessende photographische Aufnahme des Lichtkreises. Wir haben endlich auch die wirkliche öffnung von der wirksamen zu unterscheiden; es ist die von der Fassung freigelassene Fläche der Linse. Seite 8 zur Inhaltsübersichtzum Stichwortverzeichnis
Die Bildgröße, d.h. die Größe der Gegenstände im Bilde auf der Mattscheibe oder Platte, steigt in gleichem Verhältnis mit der Brennweite. Bei Verdoppelung der Brennweite erscheinen die Gegenstände im Bilde der Mattscheibe doppelt so groß, bei Verdreifachung dreimal so groß.
Die Linie, die wir uns durch den Mittelpunkt der Linse legen können, heißt die optische Achse (vgl. Bild 5); ein Lichtpunkt, der sich auf ihr befindet, wird auf der anderen Seite der Linse wiederum auf der optischen Achse als Lichtpunkt abgebildet; bei genauer Prüfung zeigt sich dieser Lichtpunkt aber nicht scharf begrenzt, sondern von farbigen Lichträndern umgeben ; eine einfache
(Farbenzerstreuung); die stärker brechbaren violetten Strahlen werden schon bei V (Bild 16) zu einem Punkte vereinigt, die gelben in größerer Entfernung (bei G), die roten noch weiter weg (bei R); ein völlig scharfes Bild kommt bei solchen "chromatisch nicht korrigierten Linsen" an keiner Stelle zustande, außer wenn man eine sehr kleine Blende (etwa F:20 bis F:30) verwendet. Eine eingehende Darstellung der photographischen Optik ist zu finden in: "Optisches Hilfsbuch für Photographierende" von H. Harting. (Union Deutsche Verlagsgesellschaft Zweigniederlassung Berlin.) Seite 9 zur Inhaltsübersichtzum Stichwortverzeichnis
Für das Auge, das für gelbe Strahlen am empfindlichsten ist, erscheint das Bild bei G am schärfsten (optischer Fokus); die photographische Platte hingegen besitzt die größte Empfindlichkeit für blauviolette Strahlen, sie bildet daher einen Punkt dann am schärfsten ab, wenn sie bei V steht (chemischer Fokus); will man mit einfachen Linsen ohne stärkere Abblendung halbwegs scharfe Bilder haben, so muss man diese Fokusdifferenz dadurch korrigieren, dass man die Platte, nachdem man (entsprechend der Stellung G) auf der Mattscheibe scharf eingestellt hat, näher an die Linse (entsprechend der Stellung V) heranrückt; bei Aufnahme weit entfernter Gegenstände beträgt die Fokusdifferenz 1/50 der Brennweite, je kleiner die Gegenstandsweite ist, desto größer wird die Korrektur; sie lässt sich berechnen nach der Formel: Die Korrektur der Fokusdifferenz kommt besonders bei der Verwendung einfacher Linsen (Monokel) für Porträtaufnahmen und nicht chromatisch korrigierter Doppelobjektive (Periskope, Bistigmate siehe S. 11) in Betracht. Eine Behebung des Farbenzerstreuungsfehlers (Farbenabweichung, chromatische Aberration) geschieht dadurch, dass man eine einfache Sammellinse A von bestimmter Glasart mit einer Zerstreuungslinse B einer anderen Glasart verbindet (verkittet), wie das Bild 17 darstellt; wir erhalten dadurch ein achromatisches Objektiv, das auch als Landschaftslinse bezeichnet wird. Das beim Achromaten erreichte Zusammenfallen der violetten und gelben Bilder sichert noch nicht, dass auch die dazwischen und die gegen Rot liegenden Bilder der anderen Farben damit zusammenfallen, und dass alle Bilder gleich groß sind; dies ist erst bei noch feiner korrigierten Objektiven, den Apochromaten, der Fall. Ein auffallender Fehler der Landschaftslinse ist die Distorsion oder Verzeichnung der Randlinien: gerade Linien eines Hauses z.B. werden am Rande des Bildes gekrümmt wiedergegeben, und zwar nach außen gekrümmt, wenn sich die Blende vor der Linse befindet (Bild 18), nach innen gekrümmt, wenn sie hinter der Linse ist; der erste Fall (tonnenförmige Verzeichnung) ist der häufigere, ein Quadrat wie Bild 19a wird dann wie Bild 19b wiedergegeben. Seite 10 zur Inhaltsübersichtzum Stichwortverzeichnisweiter
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