Für
die Wahl der Brennweite hinsichtlich guter
Bildwirkung (siehe S.
17) würde in vielen Fällen
eine Länge von mehr als der Plattendiagonalen
zu nehmen sein, in der Regel wählt
man jedoch aus verschiedenen praktischen
Gründen eine Brennweite von ungefähr
Diagonalenlänge, also für 9x12
- Platte von 13,5 bis 15 cm (vgl. auch S.
17). Es lassen sich übrigens
auch damit Aufnahmen von guter Bildwirkung
herstellen. Jene längere Brennweite
lässt wohl andere Bilder finden, die
aber nicht besser und nicht schlechter zu
sein brauchen als die mit kürzerer
Brennweite aufgenommenen. Hauptsache ist,
dass der Photographierende weiß, was
zu einem künstlerischen Bilde gehört.
Bei längerem Arbeiten mit einer Brennweite
wird sich sein Auge an die Bildausschnitte
des betreffenden Objektives gewöhnen.
Das Gesichtsfeld des Auges passt sich gewissermaßen
dem Bildfeldwinkel des Objektives an und
man gewöhnt sich in der Brennweite
des gewählten Objektives zu sehen und
die Motive darnach zu beurteilen.
Verzerrungen
und übertriebene Perspektive. |
Vermöge
der strengen Zentralperspektive, in der
die Linse zeichnet, werden Gegenstände
am Rande des Bildes verzerrt abgebildet,
sobald wir über einen mäßigen
Bildwinkel hinausgehen, z.B. Kugeln nicht
rund, sondern elliptisch (Bild 35), Köpfe
ganz in die Breite gezogen. Bei Aufnahmen
von Interieurs und Architekturen werden
gewöhnlich Weitwinkellinsen verwendet,
weil hier ein ausgedehntes Objekt meist
vom nahen Standpunkt photographiert werden
muss.
 |
 Auf
solchen Weitwinkelaufnahmen erscheinen
die am Rande des Bildes liegenden
Dinge in völlig falschen Maßstab
abgebildet, sie sind unnatürlich
nach den Rändern zu auseinandergezerrt.
Wenn wir den Fehler vermeiden wollen,
dürfen wir nur mäßige
Bildwinkel (höchstens 40 bis
50°) ausnützen.
Auffallend ist manchmal bei Aufnahme
von nahen und fernen Gegenständen
zu gleicher Zeit die übertrieben
scheinende Perspektive: alle Dinge,
die sich im Vordergrunde befinden,
erscheinen übertrieben in der
Größe; ein Weg, der auf
den Beschauer zuführt, nimmt
im Vordergrunde die ganze Bildbreite
ein, die Gegenstände im Hintergrund
sind dagegen verschwindend klein
und scheinen dadurch weiter ab zu
liegen. |
Diese scheinbar falsche
Abbildung ist keineswegs ein Fehler der
Linse, sondern rührt nur daher, dass
wir das Bild unter einem anderen Winkel
betrachten, als es aufgenommen wurde: Wir
nehmen z.B. eine Architektur auf 13x18 -
Platte mit einem Weitwinkel von 15 cm Brennweite
auf, also mit einem Blickwinkel von 75°
und betrachten das Bild dann aus der normalen
Sehweite von etwa 20 cm, also unter einem
Gesichtswinkel von 50°; daraus muss
ein unwahrer Eindruck entstehen. Um ihn
zu vermeiden, müssen wir die Sehweite
auf die vorliegende Bildweite, also annähernd
15 cm verkürzen, was dadurch gelingt,
dass wir das Bild mit einem Auge durch das
zur Aufnahme verwendete Objektiv oder eine
andere Linse gleicher Brennweite betrachten.
(Ein spezieller Betrachtungsapparat für
diesen Zweck ist der Zeißsche "Verant".)
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Dieses
Gesetz für orthoskopische Betrachtung
gilt natürlich auch für Aufnahmen
mit normalem und für solche mit abnormal
kleinem Bildwinkel (Fernaufnahmen); aus
ihm folgt unter anderem, dass wir die üblichen,
mit Brennweiten unter 20 cm aufgenommenen
Bilder der 9x12 - und kleinerer Kameras
ohne Betrachtungslinse überhaupt nicht
richtig ansehen können, außer
wenn wir sie so vergrößern, dass
sie einem mit mindestens 20 cm Brennweite
aufgenommenen gleich werden.
Ferner
folgt aus dem Gesagten, dass eine 13x18
- Kamera mit Objektiv von etwa 20 bis 21
cm Brennweite für korrekte Abbildung
die günstigste Kombination darstellt,
da ihre Bilder ohne Betrachtungslinsen und
ohne Vergrößerung bei normaler
Betrachtung in der Hand ohne weiteres das
Aufgenommene korrekt darstellen. Noch besser
wird der Eindruck, wenn wir eine noch etwas
größere Brennweite, etwa 25 cm,
verwenden, da wir dann noch etwas weiter
vom Auge abrücken können, und
das Auge nicht durch die Abtastung eines
zu großen Bildwinkels ermüden
müssen. Aus dem gleichen Grunde erhalten
wir in allen Fällen gute Bildwirkungen,
wenn wir nur einen 9x12 - Bildausschnitt
aus der 13x18 - Platte für das
endgültige Bild verwenden oder direkt
mit 18 bis 20 cm Brennweite auf 9x12 - Platte
photographieren.
Das
Gesagte gilt analog auch für größere
Formate. Da das Auge versagt, wenn es einen
größeren Gesichtswinkel als höchstens
60° unter stetigem Wandern der Augenachse
abtasten soll, um einen zusammenhängenden
Bildeindruck zu erhalten, begeben wir uns
von selbst in immer größere Entfernung
von einem Bilde, wenn seine Ausdehnung wächst;
also betrachten wir z.B. ein Bild von etwa
40 cm diagonaler Abmessung etwa aus 40 bis
50 cm Entfernung, eines von 1 m Diagonale
aus 1 bis 1¼ m, also immer aus einer
Entfernung; die keinesfalls kleiner, eher
größer ist als seine Diagonale;
es soll daher selbst für reine Ansichtsbilder
immer nur eine Objektivbrennweite
verwendet werden, die mindestens solang
ist wie die Diagonale des direkt zu
erzielenden Bildes, besser 20 bis 30% länger,
um wirksame Bilder zu erzielen.
Ein
Unterschied in der Perspektive verschiedener
Objektive besteht übrigens nicht, insofern,
als Objektive jeder Art vom gleichen
Standpunkte die Dinge in gleicher Perspektive
darstellen; dies ist aus den Bildern 36
und 37 ersichtlich; das Objektiv längerer
Brennweite bildet nur eben auf der Platte
einen kleineren Winkel ab als das mit kürzerer
Brennweite, und dadurch, dass es die Randpartien
weglässt, vermeidet es die uns unnatürlich
scheinenden zentralperspektivischen Verzerrungen
an den Bildrändern; schneiden wir die
Mitte aus dem weitwinkligen Bilde aus (Bild
37), so deckt sie sich perspektivisch
vollkommen mit dem anderen (Bild
36), das mit kleinerem Winkel
aufgenommen wurde.
Ganz
anders stellt sich die Sache aber dar, wenn
wir ein Objekt mit verschiedenen Brennweiten
in gleicher Größe photographieren
wollen. Hier müssen wir von verschiedenen
Standpunkten aus aufnehmen, müssen
mit dem Weitwinkel bedeutend näher
an den Gegenstand herangehen, und da werden
sich dann ganz einschneidende Abweichungen
zeigen, welche die verschiedene Entfernung
mit sich bringt. Man vergleiche einmal die
Bilder 38 und 39; dieselbe Szenerie wurde
einmal mit einem Objektiv von 27 cm Brennweite
und einmal mit einem solchen von 12 cm Brennweite
aufgenommen. Der Standort wurde in beiden
Fällen so gewählt, dass das Schulhaus
in der Frontmitte vom Straßenniveau
bis zur höchsten Spitze auf der Mattscheibe
in der gleichen Größe erschien.
Der Anfänger möge
die kleiner gedruckten Textteile zunächst
überspringen.
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Und nun sehen wir den durch
den verschiedenen Standpunkt hervorgerufen
erstaunlichen Unterschied in allen Teilen
der Bilder. Nur eine einzige Dimension -
die Höhe etwa der Gebäudemitte
- ist ihnen gemeinsam, alles, was vor dieser
Ebene liegt, erscheint auf dem Weitwinkelbilde
größer, alles, was dahinter liegt,
kleiner abgebildet als auf dem engwinkligen
Bilde. Das mit der langbrennweitigen Linse
aufgenommene Bild 38 macht einen wohlproportionierten
Eindruck. Die Dinge erscheinen hier in dem
Abstand voneinander, der ihnen in der Natur
zukam, und auch die Linien der Architektur
zeigen eine gefällige, nicht übertriebene
Perspektive. Das mit dem Weitwinkel aufgenommene
Bild 39 dagegen lässt alle Fehler des
nahen Standpunktes deutlich erkennen. Das
Zusammenlaufen der perspektivischen Linien
nach dem Hintergrund ist maßlos übertrieben.
Das Schulgebäude erscheint hierdurch
länger als auf dem anderen Bilde, die
Häuser im Hintergrunde sind viel kleiner
geworden und scheinen daher viel weiter
entfernt zu sein, während zugleich
eine bedeutend größere Anzahl
von Objekten im Hintergrunde abgebildet
ist. Die Bäume im Vordergrunde, die
beim engwinkligen Bilde etwa die Hälfte
des Gebäudes decken, wachsen hier fast
bis zur ganzen Höhe desselben empor,
die vorderen Fenster sind augenscheinlich
ganz in die Breite verzerrt. Kurzum, die
Perspektive ist beim Weitwinkelbilde ganz
ungeheuerlich übertrieben. Die in verschiedenen
Ebenen hintereinanderliegenden Objekte erscheinen
weit auseinandergerückt, während
sie bei der mit kleinem Bildwinkel hergestellten
Aufnahme scheinbar viel näher zusammenliegen.
Blenden und ihre
Wirkung. |
Wie
schon bemerkt wurde (S.
5), lässt man in der Regel
nicht die volle Linsenfläche bei der
Bilderzeugung zur Wirkung kommen, sondern
schneidet durch eine Blende, eine vor die
Linse gesetzte Scheibe mit kreisrundem Querschnitt,
einen Teil der Randstrahlen ab (Bild
6); je minderwertiger die Linse
ist, desto mehr Randstrahlen müssen
wir abschneiden; je mehr wir uns auf die
Zentralstrahlen beschränken, d.h. je
kleiner wir die Blendenöffnung nehmen,
desto schärfere Bilder können
wir auch mit einfachen Linsen erhalten;
durch solche kleine Blenden können
wir Farbenabweichung, Bildfeldwölbung,
Koma, Astigmatismus unschädlich machen,
nur nicht die Verzeichnung, die nicht von
der Größe, sondern nur von der
Stellung der Blende abhängt. Bei Objektiven,
bei denen diese Fehler durch die früher
erörterten Mittel beseitigt sind (Aplanate,
Anastigmate), können wir größere
Blenden anwenden; da größere
Blenden ein helleres Bild geben (vgl. S.
7) und daher kürzere Belichtungen
erlauben, liegt eben in dieser geringeren
Abblendenotwendigkeit ein Vorzug der besseren
aplanatischen und anastigmatischen Objektive.
Ein
anderer Grund zum Abblenden ist das Verlangen
nach größerer Schärfentiefe:
stellen wir z.B. mit einem Objektiv von
15 cm Brennweite auf einen "unendlich"
entfernten Gegenstand scharf ein, so bekommen
wir also an einen bestimmten, 15 cm = 150
mm vom optischen Mittelpunkte des Objektivs
entfernten Punkte ein scharfes Bild; wollen
wir einen näher befindlichen Gegenstand
scharf erhalten, so müssen wir die
Mattscheibe weiter entfernen.
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Wollen
wir z.B. einen 25 m (=2500 cm) entfernten
Gegenstand scharf erhalten, so müssen
wir (siehe S.
10) die Mattscheibe gemäß
der Formel (wobei G die Entfernung des Gegenstands,
die Gegenstandsweite ist, B die Entfernung
der Mattscheibe vom Objektiv, die Bildweite,
und F die Brennweite);

Also
rund auf 151 mm statt 150 mm abrücken;
bei Einstellung aud einen noch näheren
Gegenstand wird B z.B. bei 10 m = 152,3
mm.
Man
hat früher die Regel aufgestellt: "Alle
Gegenstände, die um die hundertfache
Brennweite und weiter von dem Objektiv
entfernt sind, erscheinen gleichmäßig
scharf, wenn die Mattscheibe der Kamera
in der Entfernung der Brennweite vom Objektiv
steht." - Diese Regel ist in dieser
Allgemeinheit falsch, denn sie gilt nur
für einzelne Fälle und zwar für
jede Brennweite nur bei einer bestimmten
Blende; je größer die Brennweite
wird, desto mehr muss man abblenden, um
sie zu Bewahrheiten; also z.B. gilt sie
bei 9 cm Brennweite für Blendenöffnungen,
die nicht größer sind als F:9,
bei 12 cm Brennweite für F:11, bei
15 cm Brennweite für F:16, bei 18 cm
Brennweite für F:18 (woraus sich die
beiläufige Regel für die Blende
ergibt, bei der die Einstellregel richtig
ist).
Wollen
wir nun zugleich auf derselben Aufnahme
sowohl den "unendlich" entfernten
wie den nahen Gegenstand scharf haben, so
müssen wir abblenden, und zwar, um
bei Einstellung auf ¥ (= unendlich)
und F = 15 cm den 10 m entfernten Gegenstand
scharf zu erhalten, auf F:22.
Wir
werden aber vorteilhaft auf einen zwischen
beiden äußersten Punkten (¥
und 10 m) liegenden Punkt einstellen, und
zwar auf 20 m; wir erhalten dann schon bei
F:16 die nötige Schärfe.
Für
die günstigste Entfernung G, auf die
wir einstellen müssen, um bei geringster
Abblendung alles zwischen der größten
Entfernung E und der nächsten N scharf
zu erhalten, gilt, wenn E näher als
¥ liegt, die Formel:

Also ist bei E = 20
m und N = 10 m

Wenn E = oo, gilt die
Formel G = 2 N, also bei N = 10 m ist G
= 20 m.
Je
kürzer die Brennweite eines Objektivs
ist, desto größer ist seine Schärfentiefe;
sie reicht z.B. bei einer Linse von 18 cm
Brennweite bei F:8 und Einstellung auf 8
m von etwas weniger als 7 m Nähe bis
10 m Ferne, bei einer Linse von 9 cm Brennweite
bei gleicher Einstellung und Blende von
4½ m Nähe bis 32 m Ferne.
Je mehr wir abblenden, desto größer
wird die Schärfentiefe; sie reicht
z.B. bei 18 cm Brennweite und Einstellung
auf 8 m Entfernung bei F:4 von etwa 7¼
bis 83/4 m, bei F:16 von etwa 5½
bis 13 m. )
Die Schärfe nimmt, wie schon dieses
Beispiel zeigt, beim Abblenden immer langsamer
gegen die Nähe hin zu als gegen die
Ferne; man muss also, falls man nicht genau
vorstehend gegebene Regel beachten will,
jedenfalls immer mehr auf die Nähe
als auf die Ferne einstellen, um hinreichende
Schärfentiefe zu erhalten.
Ausführliche Angaben und Tabellen
finden sich besonders in "Schmidts
Notiz- und Merkbuch für Photographierende".
Verlag Union, Deutsche Verlagsgesellschaft,
Zweigniederlassung Berlin
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Zu
beachten ist beim Einstellen, dass man Unschärfe
im Vordergrund möglichst vermeiden
muss, denn sie wirkt auf das Auge, das ja
in der Natur den Vordergrund immer klarer
und deutlicher sieht als die Ferne, sehr
störend. Es wird sich in der Regel
darum handeln, den Vorder- oder Mittelgrund
durch die Einstellung besonders hervorzuheben
und die Schärfe nach der Ferne hin
abnehmen zu lassen.
Die Schärfentiefe
gilt im allgemeinen als unabhängig
von der Konstruktion des Objektivs und nur
abhängig von der Brennweite und Blende.
 |
 Besonders
sind die sogenannten Anastigmate
und Doppelanastigmate, die von der
Mitte nach dem Rand gute gleichmäßige
Schärfe geben. In ihrer chromatischen
Korrektion erreichen sie insofern
nicht den vollkommensten Grad, als
sie für verschiedene Farben
des Spektrums für verschieden
große öffnungen sphärisch
korrigiert sind. Die von dem Tessarkonstrukteur
Dr. Paul Rudolph neuerdings errechneten
Plasmatobjektive, die je aus zwei
lichtstarken Einzelobjektiven gebildet
sind (Abb. 40), sind infolge ihrer
Konstruktion für alle Farben
gleich gut sphärisch korrigiert
und erhalten dadurch den Charakter
sog. Sphäro-Achromaten, womit
zugleich eine etwas weiter gehende
Tiefenorientierung als bei den sonstigen
anastigmatisch korrigierten Objektiven
gegeben ist. (siehe
Bild 41) |

Allzu starkes Abblenden ist in den meisten
Fällen sinnlos; eine Abblendung über
F:36 ist nur in seltenen Ausnahmefällen,
bei manchen Architekturinnenaufnahmen und
Reproduktion, nötig; zu kleine Blenden
nehmen dem Bilde die Plastik, über
F:90 hinaus wird sogar die Schärfe
wieder geringer (infolge Beugungserscheinungen).
Allzu
starkes Abblenden ist in den meisten Fällen
sinnlos; eine Abblendung über F:36
ist nur in seltenen Ausnahmefällen,
bei manchen Architekturinnenaufnahmen und
Reproduktion, nötig; zu kleine Blenden
nehmen dem Bilde die Plastik, über
F:90 hinaus wird sogar die Schärfe
wieder geringer (infolge Beugungserscheinungen).

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