
Wie die Benutzung der Gelbscheibe den ganzen Charakter des Bildes
verändern kann, zeigen uns namentlich Hochgebirgsaufnahmen.
Die Details der Ferne, die sowohl bei Aufnahme mit gewöhnlicher
als mit farbenempfindlicher Platte ohne Gelbfilter meist
ganz verloren gehen, treten bei der Farbenplatte mit Vorsatz
einer leichten Gelbscheibe ausdrucksvoll hervor. Verwenden
wir eine Gelbscheibe stärkerer Absorption, so erhalten
wir wohl die Details der Gebirgszüge am Horizont äußerst
klar, aber der Gesamteindruck des Bildes wird naturunwahr;
es fehlt der Landschaft die duftige Ferne, weitab liegende
Gebirgsmassen erscheinen ganz nahe gerückt, die "
Luftperspektive" ist vollständig verloren
gegangen (vgl. Bild 116 und 117)
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III. Der Verschluß

Belichtungen
bis zu etwa ½ Sekunde herab kann man mittels des
Objektivdeckels vornehmen, für kürzere Expositionen
braucht man einen sog. Momentverschluß. Der Momentverschluß
wird entweder am Objektiv (an dessen vorderen Ring oder
an Stelle der Blende oder zwischen Objektiv und Kameravorderwand)
angebracht oder er geht unmittelbar vor der Platte vorbei.
Objektivverschlüsse
in einfachster Form sind
die Schieberverschlüsse bei manchen billigen Handapparaten,
die aus einem oder zwei mit einem Ausschnitt versehenen
Blechen bestehen, die am Objektiv durch Federkraft vorbeigleiten;
ihnen verwandt sind die rotierenden Verschlüsse; sie
bestehen aus einer geschwärzten Blechscheibe mit einem
Ausschnitt, der durch Federkraft am Objektiv vorbeigedreht
wird. Wesentlich vollkommener sind die
Zentralverschlüsse
(Sektoren- und Irisverschlüsse); wir haben neuerdings
vier Haupttypen zu unterscheiden:
Die
Auslösung erfolgt durch Drücken des Hebels
H. Der zweite Typus sind die Verschlüsse gemäß
Bild 57, mit obenliegenden verdeckten Bremszylinder
und seitlichen Spannhebel G, die Regulierscheibe ist
bei R, die Auslösung bei H; der dritte Typus ist
der Kompurverschluß (Bild 58), ein Präzisionsverschluß
ohne Bremszylinder mit Räderwerk und Anker, die
den Ablauf des Verschlusses in regelbarer Weise beeinflussen.
Die hierzu dienende Regulierscheibe F gestattet Verstellungen
der Geschwindigkeiten von 1/250 bis 1/1 Sekunde. Die
Abblendung wird von dem Hebel D nach der hinter der
Regulierscheibe liegenden Blendenskala bewirkt.

Die
Auslösung ist bei H, der Spannhebel bei G. Der
vierte Typus endlich sind die Automatverschlüsse,
bei denen keine Feder zu spannen ist; sie geben entweder
nur eine einzige Geschwindigkeit (Bild 59a), durchschnittlich
1/30 Sekunde, oder sind regulierbar (Bild 59 b) aber
nur zwischen ½ und 1/100 Sekunde etwa.
Alle diese Sektorenverschlüsse sind auch auf "Zeit"
(Z oder 7) und "Ball" (B) einstellbar; bei
"Zeit" bleiben sie nach Druck auf den Auslöser
so lange offen, bis man ein zweites Mal drückt;
bei "Ball" bleiben sie so lange offen, wie
der Druck anhält.
Bei Landschaftslinsen arbeiten die Sektorenverschlüsse
vor dem Objektiv, bei Doppelobjektiven zwischen den Linsen,
annähernd in der Blendenebene.
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Ein ähnlicher Verschluß, der
aber hinter dem Objektiv arbeitet, ist der Grundnerverschluß.
(Bild 60); da er unsichtbar und geräuschlos funktioniert,
ist er besonders für Bildnisaufnahmen beliebt.

Vor
oder hinter dem Objektiv arbeitet der Roll- oder
Rouleau verschluß (Bild 61), der vorn am Objektivring
aufgesetzt oder an der Vorderwand der Kamera befestigt
wird; in diesem
Fall wird das Objektiv auf einem Brettchen an der Vorderseite
des Verschlusses eingesetzt. Auch diese Objektivrollverschlüsse
sind für Zeit- und Momentaufnahmen benutzbar und
besitzen Einstellung auf verschiedene Abrollmomentgeschwindigkeiten.
Schlitzverschlüsse.
Ihr Prinzip ist folgendes:
es wird ein mit einem Schlitz versehenes Rouleau aus schwarzem,
lichtdicht überzogenem Gewebe an der Platte vorbeigerollt
(Bild 62), die einzelnen Teile der Platte werden also nacheinander
belichtet (bei Objektivverschlüssen wird die ganze
Platte auf einmal belichtet). Die Regulierung der Belichtungsdauer
erfolgt durch Veränderung der Federspannung und hauptsächlich
durch Veränderung der Spaltbreite; diese Regulierung
erfolgt meist an der Außenseite des Verschlusses durch
Verdrehen eines Knopfes. Bei mittlerer Federspannung gibt
ein derartiger Verschluß z.B. für 9 x 12-Platte
bei voller Spaltbreite (90 mm) etwa 1/10 Sekunde, bei 40
mm-Spalt 1/30 Sekunde, bei 10 mm-Spalt 1/120 Sekunde usw.;
bei höchster Federspannung und 40mm-Spalt 1/18 Sekunde,
bei 10 mm-Spalt 1/180 Sekunde, bei 2 mm-Spalt 1/800 Sekunde.
Anfänger mögen zunächst
nur die in größerer Schrift gedruckten Ausführungen
lesen!
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Eigenschaften und Prüfung

Von
den Verschlüssen beim Objektiv haben die
Zentralverschlüsse,
die in der Blendenebene arbeiten, bei allerdings ziemlich
komplizierter Konstruktion den Vorzug, da sie eine gleichmäßige
Belichtung der Platte und korrekte Zeichnung der Objekte
liefern. Verschlüsse, die unmittelbar vor oder hinter
dem Objektiv arbeiten, ergeben, wenn ihr Durchmesser nicht
reichlich groß gewählt wurde, häufig eine
ungleichmäßige Belichtung der Platte; diese wirkt
sehr ungünstig, da schon an sich eine Abnahme der Helligkeit
nach dem Rande des Gesichtsfeldes selbst beim Gebrauch guter
Objektive bei kurzen Belichtungen in Erscheinung treten
kann.

Bei
Objektivverschlüssen, speziell Sektorenverschlüssen,
ist die effektive (wirksame) Belichtung immer kürzer
als die nominelle, da ein Teil der öffnungszeit zum
öffnen und Schließen der Verschlußsektoren
verbraucht wird und das Objektiv während dieser Zeit
nicht mit voller öffnung arbeitet; die Wirksamkeit
wird um so geringer, je kürzer die Belichtung wird;
unter 1/100 Sekunde arbeiten sie schon mit merklichen Lichtverlusten;
sie sind daher besser nur für Zeitaufnahmen und Momentgeschwindigkeiten
nicht unter 1/100 Sekunde zu verwenden, für raschere
Belichtungen ist der Schlitzverschluß unbedingt überlegen,
für Sportaufnahmen direkt unentbehrlich. Bei Aufnahme
sehr schnell bewegter Objekte können zwar infolge der
ungleichzeitigen Belichtung der einzelnen Teile Verzeichnungen
entstehen, doch treten sie nur in seltenen Fällen störend
hervor.

Der
Schlitzverschluß kommt in verschiedenen Ausführungen
in den Handel. Unerläßliche Forderung ist, daß
der Schlitz enger und weiter zu stellen ist, oder daß
in dem Rolltuch eine Anzahl verschieden breiter Schlitze
zur Verfügung steht, da gerade durch Variation der
Schlitzbreite am vorteilhaftesten die Variation der Belichtungszeit
geschieht. Bei Verschlüssen, die nebenher noch eine
Regulierung der Federspannung zur Veränderung der Schnelligkeit,
mit der das Rouleau herabgleitet, gestatten, tut man doch
gut, nur in Notfällen mit der geringsten, sonst mit
mittlerer Federspannung zu arbeiten und die Dauer des Momentes
durch Enger- und Weiterstellen des Schlitzes zu regeln.
Sehr gut sind jene Konstruktionen, die ein Verändern
und Ablesen der Spaltbreite bis zur ganzen Ausdehnung der
Platte durch Drehen eines außen am Apparat angebrachten
Knopfes erlauben und auch auf Zeitaufnahmen eingestellt
werden können. Die Einstellbarkeit der Schlitzbreite
bei offener Kassette (verdeckt aufziehbarer Schlitz) ist
praktisch in den meisten Fällen entbehrlich.

Für
die Handkamera mit Einzel- oder Doppelkassetten ist der
Schlitzverschluß vor der Platte gewiß die vollkommenste
Verschlussvorrichtung. Für Stativkameras in größeren
Formaten, über 13 x 18, ist der Schlitzverschluß
wenig geeignet. Je größer die Dimensionen werden,
desto unsicherer und langsamer ist sein Funktionieren, desto
leichter auch eine Erschütterung während der Belichtung.
Hier ist ein Zentralverschluß oder, weil billiger,
ein vor oder hinter dem Objektiv funktionierender guter
Rollverschluß vorzuziehen.

Die
auf den Momentverschlüssen befindlichen Angaben über
die einzustellenden
Geschwindigkeiten sind in vielen
Fällen sehr zweifelhaft (abgesehen von der zulässigen
Fehlergrenze); ganz besonders trifft dies zu, wenn die Apparate
schon längere Zeit im Gebrauche sind oder, ungünstig
verwahrt, lange lagerten, da ja die Federkraft der Verschlüsse
nachläßt und die Bremsungen, je nach Alter und
Feuchtigkeit, ihre Wirksamkeit ändern. Es gibt für
die Prüfung der Geschwindigkeit verschiedene Methoden,
am einfachsten und dabei genau ist folgende: Man stellt
ein Fahrrad auf die Lenkstange, versieht das Hinterrad am
Rande mit einer glänzenden Glaskugel, stellt das Rad
vor einem dunklen Hintergrund in die Sonne und setzt das
Hinterrad durch Drehen eines Pedals mit der Hand so in gleichmäßige
Bewegung (ein Gehilfe ist für das Drehen oder für
die Aufnahme nötig), daß es ein oder zwei Umdrehungen
in der Sekunde macht. Photographiert man nun dieses Rad
z.B. mit einer Umdrehung in der Sekunde, so erhält
man auf der Platte einen kleinen Strich, der einem gewissen
Teil des ganzen Kreisbogens entspricht, z.B. 3 mm lang ist,
während der ganze Kreisumfang 100 mm lang ist; es betrug
dann die Belichtung 100 : 3 = 1/30 Sekunde. Besser ist es,
besonders bei größeren Verschlussgeschwindigkeiten,
dem Rade zwei Umdrehungen zu geben, der Weg wird dann länger
und die Messfehler geringer.

Man
soll die Messung einigemal wiederholen (es kann dies auf
der gleichen Platte geschehen) und dann den Mittelwert aus
den Einzelmessungen ziehen.
Die
Auslösung der Verschlüsse geschieht
durch Druck auf einen Hebel oder pneumatisch vermittels
Gummiball (siehe Bild 61) oder mittels
Draht-
oder
Metallauslöser (Bild 63); diese bestehen
aus einer umsponnenen Spiraldrahtlitze und einem darin
bewegbaren Stahldraht, der durch Druck auf einen äußeren
Knopf den Verschluß auslöst. Diese Auslöser
haben den Vorzug großer Dauerhaftigkeit.

Fernauslöser,
in mannigfaltiger Ausführung, dienen dazu, den
Verschluß auszulösen, während man nicht
bei der Kamera steht; man kann sich dabei also z.B.
auf dem Bilde selbst mitphotographieren.

An
Objektivverschlüssen mit Gummiballauslösung
verwendet man manchmal
Zeitventile: sie werden
in den Schlauch eingeschaltet und lassen bei Einstellung
des Verschlusses auf B (Ball) die Luft langsam ausströmen,
das Ausströmungsloch läßt sich regulieren,so
daß nach beliebig längerer oder kürzerer
Zeit der Verschluß sich (nach Ausströmen
der Luft) von selbst schließt.
Zur
Fernauslösung sind neuerdings auch selbsttätige
Vorrichtungen geschaffen worden, die an den äußeren
Knopf des Metallauslösers angesetzt werden und eine
variable genau einstellbare Ablaufzeit bis zum Eintritt
der Belichtung bzw. Auslösung des Verschlusses zulassen.
Von diesen selbsttätigen Auslösern ermöglichen
einzelne Konstruktionen Zeitaufnahmen von
¼ - 5 Sekunden.
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IV. Die Kamera
Die
photographische Kamera besteht aus einem festen oder durch
einen Harmonikabalgen veränderbaren Kasten (Bild 64),
der an der dem Aufnahmegegenstand G zuzukehrenden Wand V
das
Objektiv o trägt und an der gegenüberliegenden
Hinterwand H eine matte Glasscheibe S besitzt, die dem Objektiv
mehr oder weniger genähert werden kann und zurückklappbar
ist, um an deren Stelle ein flaches Kästchen,
Kassette genannt (welche die lichtempfindliche Platte enthält),
einsetzen zu können.
Ist
die Einstellung und Abblendung nach den S.9 und 33 erörterten
Grundsätzen besorgt, so wird die Mattscheibe S (Bild
64) zurückgeklappt und an ihre Stelle die Kassette
mit der lichtempfindlichen Platte gesetzt. Bei allen Kameras
muß die Einrichtung so getroffen werden, daß
die empfindliche Platte in der Kassette g e n a u an die
Stelle der Mattscheibe zu stehen kommt, sonst wird das Bild
infolge "Kassettendifferenz" unscharf.

Als
Hauptgruppen kann man unterscheiden:
Kastenkameras und
Balgenkameras (Auszugkameras); die Unterscheidung
zwischen
Stativ- und
Handapparaten läßt
sich eigentlich nicht streng durchführen, da man viele,
für den Gebrauch als Stativkameras bestimmte Apparate
auch als Handkameras, also ohne Stativ (Untergestell), verwenden,
anderseits jede Handkamera auch auf dem Stativ benutzen
kann; dennoch ermöglicht sie am besten einen überblick.
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© Thomas Gade
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