
Aus
dem Laufboden lassen sich noch ein oder zwei Rahmen mit
Schienenführungen nach vorn ausziehen, auf denen der
Vorderteil bis zur vollen Länge des Balgens (doppelte
bis dreifache Brennweite) herausgeschoben werden kann (doppelter
oder dreifacher Bodenauszug); billigere Apparate haben nur
eine Ausziehbarkeit bis über etwas mehr als die Brennweite,
sind daher für das Arbeiten mit der Hinterlinse oder
wechselweise mit Objektiven längerer Brennweite nicht
geeignet. Die richtige Einstellung kann nicht nur durch
Prüfen des Bildes auf der Mattscheibe erfolgen, sondern
auch (nach Messung oder Schätzung der Entfernung des
Gegenstandes) nach einer Skala auf dem Laufboden; leider
sind diese Skalen manchmal unverlässlich, so daß
die Mattscheibenprüfung des Bildes immer zu empfehlen
ist, wenn sie die Umstände zulassen.
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Eine
besondere Entwicklungsform der Laufbodenklappkameras
stellen die Springkameras (Bild 82) dar; durch
eine Hebelführung ist erreicht, daß beim
öffnen der Kamera der Objektivteil nicht erst auf
dem Schlitten nach vorne gezogen werden muß, sondern
automatisch nach vorne geht und in "Unendlichkeits"-Einstellung
anschlägt. Besonders bei den Kameras kleinsten
Formates (41/2 x 6) ist diese Einrichtung recht zweckmäßig,
der Apparat ist beim öffnen ohne weiteren Handgriff
bis auf etwa 6 m Nähe aufnahmebereit, für
nähere Objekte muß eingestellt werden. |
Kräftiger
gebaute Kameras vom Typus der Laufbodenklappkameras stellen
eine Art von Universalkameras dar, die einerseits
vermöge ihrer Verschluß- und Sucherausrüstung
(S. 44)
zu Momentaufnahmen aus der Hand, andererseits vermöge
ihres langen Auszuges, starker Verschiebbarkeit des Objektivbretts
und Neigbarkeit des Mattscheiben- oder des Objektivteils
als leistungsfähige Stativkameras (Reisekamera) verwendbar
sind. Besonders vorteilhaft ist bei solchen Kameras die
Ausgestaltung als Zweiverschlusskameras, d.h. Ausrüstung
mit einem Schlitzverschluß und einem Zentralverschluß,
ersterer für kurze Moment-, letzterer für längere
Moment- und für Zeitaufnahmen.
Eine
Kombination der im vorstehenden erwähnten Kameras
stellt die in neuerer Zeit in den Handel gekommene,
mit Schlitzverschluß ausgestattete Bildsichtkamera
(Bild 83a) dar. Wie aus der Abbildung ersichtlich, wird
das Bild auf der Mattscheibe beobachtet. Im Gegensatz
zu den üblichen Schlitzverschlußkameras,
bei denen zur Bewerkstelligung der Aufnahme erst eine
Kassette eingeschoben werden muß, während
welcher Zeit das Bild durch den üblichen Durchsichtssucher
beobachtet wird, ist im Innern dieser Kamera eine auf
Schienen laufende Kassette, kurz Schlitten genannt,
eingebaut. In diesen Schlitten wird eine Platte mit
Hilfe der beiliegenden Kassette eingeführt, durch
Aufziehen des Verschlusses wird der Schlitten in die
Höhe gehoben und gelangt in den völlig geschlossenen
Kopf der Kamera, während unterdessen die Mattscheibe
in den Fokus gesprungen ist. Hat man das Bild auf der
Mattscheibe eingestellt, so wird der Verschluß
ausgelöst, die Mattscheibe springt zurück,
und der Schlitzverschluß bringt den Schlitten
aus dem Kopf in die Belichtungsstellung, belichtet die
Platte und deckt diese wieder ab. Die Bildsichtkamera
hat sich in der Praxis recht gut eingeführt. |
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Die
Klappkameratypen werden zumeist auch als "Miniaturkameras"
in äußerst geringen Dimensionen für
41/2 x 6 cm u. dgl. Bildformate fabriziert, sowohl für
Platten wie Films, vielfach unter dem Namen "Westentaschenkameras".
Eine andere Art von Miniaturkameras sind die Photojumelles,
meist französischen Ursprungs für 41/2 x 5
bis 6 x 9 cm; von der Gestalt eines Feldstechers, zeigen
sie etwa folgende Form: neben dem Objektiv O ist eine
zweite Linse V angebracht, welche als Sucher dient und
das Bild auf eine an der Rückwand liegende Mattscheibe
wirft. Hinter dem Objektiv O befindet sich das Plattenmagazin
P. |

Der
Plattenwechsel geschieht durch Herausziehen und Hineinschieben
des Griffes B. Andere ähnliche Konstruktionen besitzen
nur
eine Linse, und die Einstellung geschieht mittels
eines oben aufgesetzten Suchers; statt einer Wechselvorrichtung
werden auch einzelne Kassetten verwendet. Wegen der kurzen
Brennweite ist die Schärfentiefe beträchtlich
(siehe
S.
20) . Sollen alle diese Miniaturapparate mehr
als ein Spielzeug sein, so müssen sie sehr genau gearbeitet
und vor allen Dingen mit vorzüglicher Optik versehen
sein, denn für die nachherige Vergrößerung
ist äußerste Schärfe der kleinen Negative
und beste Durcharbeitung erforderlich.

Keinen
besonderen Konstruktionstypen für sich, sondern nur
eine Anpassung der beschriebenen Typen an das Filmmaterial
stellen die Kameras für Rollfilms dar. über diese
Films selbst werden wir im Abschnitte "Die Negativmaterialien"
(S.
59) eingehender reden, hier seien nur die Kameras
selbst besprochen, entsprechend der bei der Beschreibung
der Plattenkameras eingehaltenen Gliederung.
äußerlich
ist jede Rollfilmkamera irgend einer Form an dem Drehgriff
erkenntlich. Im übrigen gleichen die kastenförmigen
Rollfilmkameras an Gestalt den entsprechenden Plattenkameras.
Bei den zusammenlegbaren Kameras erkennt man die Rollfilmkameras
an der Verbreiterung nach den Seiten hin, bedingt durch
die für die Spulen notwendigen Hohlräume, die
seitwärts vom hinteren Kameraausschnitt liegen. Wir
unterscheiden:
a)
Kastenförmige Rollfilmkameras.
In einem kastenförmigen Gehäuse ( Bild 84) befindet
sich ein besonderer herausnehmbarer Körper, der meist
Filmspulenträger und Objektiv enthält. Meist werden
diese Kameras der Handlichkeit wegen nur bis zur Bildgröße
9 x 9 cm hergestellt. In diese Gruppe gehören auch
die Panoramakameras (Bild 85): mittels eines normal-brennweitigen
Objektivs belichten sie ein Bildfeld von so großem
Winkel (bis 1350), wie es sonst nicht einmal mit einem Weitwinkel
möglich ist. Die zu belichtende Filmfläche ist
nahezu in einem Halbkreis aufgespannt. Das Objektiv schwingt
um seinen optischen Mittelpunkt und ist durch einen Stoffbeutel
mit der Vorderwand der Kamera verbunden. Der wesendliche
Fehler dieses Systems ist, daß es Bilder von durchaus
falscher Perspektive gibt.
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b)
Film - Klappkameras,
und zwar Laufbodenklappkameras (Bild 86). Die Kameravorderwand
läßt sich herabklappen und bildet das Laufbrett
für den Objektivschlitten. Das Laufbrett ist fast immer
dem Hochformat entsprechend angebracht, ein Fehler (da man
in der Landschaft überwiegend Queraufnahmen macht),
der fast allen Filmkameras, aber auch den meisten Plattenkameras
dieser Art eigen ist. Als besondere Art der

Laufbodenklappkameras sind die mit abnehmbaren
Filmgehäuse zu nennen; sie ermöglichen die Einstellung
jeder Filmaufnahme, haben aber praktisch keine Bedeutung
erlangt. Ferner gehören in diese Gruppe die Spreizenklappkameras
(Bild 87); ihnen fehlt das Laufbrett, sie haben statt dessen
Spreizen, die den Objektivteil tragen. Ist bei der ersten
Gruppe die Einstellung des Objektivs auf jede Entfernung
möglich, so erlauben die meisten Spreizenkameras keine
Verstellung des Objektivs, es ist vielmehr fest auf unendlich
eingestellt. Durch Montierung des Objektivs in Schneckengangfassung
kann man eine beschränkte Verstellbarkeit erreichen,
einzelne Modelle haben auch verstellbare Spreizen und dadurch
eine ausgedehntere Verwendbarkeit.
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V. Der Sucher.
Einerseits
zwecks möglichst schneller Aufnahme (ohne langes Herumsuchen
auf der Mattscheibe und ohne Stativ), andererseits wegen
der teilweisen Unmöglichkeit, das Bild überhaupt
auf der Mattscheibe betrachten zu können
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(bei
Magazinkameras und den meisten Filmkameras), ist jeder
Handapparat mit einem Sucher ausgestattet, d. i. einer
Vorrichtung, mittels deren man den aufzunehmenden Gegenstand
beobachten und genau die Grenzen dessen feststellen
kann, was auf die Platte kommen wird. Man unterscheidet
Durchsichts- und Aufsichtssucher. |

Das
einfachste Instrument unter den Durchsichtssuchern ist der
Rahmensucher (siehe Bild 88). Er besteht aus einem
rechtwinkligen Rahmen mit Fadenkreuz und diesem gegenüber
einem Diopter (einer mit einem Visierloch versehenen Metallscheibe).
Man betrachtet nun das von dem Rahmen begrenzte Bild, indem
man hierbei das Auge dicht an das Loch des Diopters bringt
und genau in die Richtung vom Diopter zum Fadenkreuze blickt.
Natürlich muß das Verhältnis von Höhe
und Länge des Rahmens zum Abstand des Diopters dem
Verhältnis der vorliegenden Plattengröße
zur Objektivbrennweite entsprechen. Bei Nichtgebrauch können
Rahmen und Diopter heruntergeklappt werden.
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Die
zweckmäßigste Form und zugleich die vollkommenste
Suchereinrichtung überhaupt stellt der erst an
wenigen Kameras angebrachte Ikonometer-rahmensucher
dar, der, am besten in voller Plattengröße,
umklappbar vorn an der Kamera sitzen soll und mit einem
am Kamerarumpf sitzenden Zielstachel anvisiert wird
oder umgekehrt (vgl.Bild 89). Er zeigt den wirklichen
Bildausschnitt direkt in der Natur und folgt, richtig
konstruiert, allen Verschiebungen des Objektivbretts. |

Ein
anderes Instrument von zweckmäßiger Gestalt ist
der
Newtonsucher (Fig.90). Hier haben wir eine Konkavlinse
in Metallfassung mit Fadenkreuz, dieser gegenüber ist
das Visier (als Zielstachel oder mit einer kleinen Diopterlinse)
angebracht. Auch diese Sucher gestatten Haltung der Kamera
in Augenhöhe und lassen direkt das von dem Rähmchen
umgebene Naturbild sehen. Man geht in der Beurteilung der
Bildwirkung sowohl, wie im Erfassen des richtigen Momentes
mit dieser Vorrichtung ziemlich sicher. Erfordernis ist
natürlich, daß Sucherbild und Kamerabild sich
möglichst genau decken, was bei vielen derartigen Einrichtungen
leider nicht der Fall ist.
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Am
wenigsten wert sind die Aufsichtsucher (Spiegelsucher);
sie sind entweder nach dem Prinzipe einer kleinen Kamera
gebaut (Watsonsucher, vgl. Fig.91b) oder, ebenfalls
mit Hilfe eines Spiegels, aus zwei Sammellinsen zusammengesetzt
(Brillantsucher, Fig.91a).
Beide geben seitenverkehrte Bilder, rechts mit links
vertauscht; die Bilder sind meist viel zu klein, als
daß man daraus irgendein Urteil über die
Bildwirkung gewinnen könnte. Außerdem verlangen
sie Haltung der Kamera nicht in der normalen Augenhöhe,
sondern in Brusthöhe während der Aufnahme,
was, von einigen Ausnahmefällen abgesehen, besonders
bei Aufnahme naher Objekte ein Nachteil ist.
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Eine
Form des Spiegelsuchers, die keine Linsen, sondern
nur einen hochpolierten Spiegel mit eigentümlichen
doppelten zylindrischen Krümmungen aufweist,
ist der Sellarsucher Fig. 92, der seiten- und
höhenrichtige Bilder in Aufsicht zeigt. Man visiert
über die Spitze des Zielstachels nach dem Mittelpunkt
des Spiegels. Dieser Sucher ist auch mit Libelle zu
haben.
Bedeutend
besser als die Spiegelsucher, obzwar gleichen Prinzips,
ist der Sucher der bereits (S.
39) besprochenen Spiegelreflexkamera,
der das Bild genau in der Größe zeigt,
in der es auf die Platte kommt. Die "Bauchperspektive"
bleibt freilich ein Nachteil auch dieser Suchermethode.
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