9. Reflektoren
Billigster Reflektor
Ein ganz ausgezeichneter und sehr wirksamer Reflektor ist der zusammenklappbare Vacublitz-Reflektor aus Silberkarton. er hat den Vorteil, nur ca. 60 Pfennig zu kosten. Allerdings muß man die Fassung der Lampe durch ein Zwischenstück verlängern, damit der Silberkarton des Reflektors nicht ansengt. In dieser Anordnung stellt der Vacu-Reflektor eine sehr angenehme Verstärkung aller üblichen Reflektoren dar. Man montiert den Silberkarton zwischen den eigentlichen Reflektor und die Birne.

10. Porträts bei Kunstlicht
Unähnliches Licht
Jeder Mensch hat eine "ähnliche" und eine unähnliche Seite. Außerdem gibt es ähnliche und unähnliche Beleuchtung. Beides zusammenzustimmen ist Sache des Talentes.
Silber-Karton
Voraussetzung ist, daß bei alledem die Beleuchtung "plastisch" ist. Das ist stets nur durch eine zusätzliche Beleuchtung, die die Schattenpartien aufhellt, zu erreichen, bei Kunstlicht durch eine zweite Lampe oder zum mindesten durch einen Reflexschirm (weißes Tuch), am besten durch einen großen Silberkarton). Besonders wichtig: ruhiger Hintergrund (z. B. niemals Tapeten!).
Pocken-Narben
Großes Interesse hat man daran, glatte saubere Hauttöne zu bekommen. Das erreicht man erstens durch panchromatischen Film, dessen hohe Gelbrot-Empfindlichkeit nicht die "pockennarbigen" Gesichter der Ortho-Schichten gibt und zweitens durch den Softfocus-Effekt. hierüber Ausführliches auf S. 188. Auf S. 147 wird das Wesen des Softfocus-Effektes genauer beschrieben. Die hochempfindlichen panchromatischen Kunstlicht-Filme können je nach ihrer Sensitierung (siehe S. 35) mehr oder weniger "gebleichte" Haut- und insbesondere Lippentöne geben. Infolgedessen ist der rotempfindlichste Typ nicht in allen Fällen der günstigste.
Noch bleicher
Vor allem soll man panchromatischen Filmen bei Kunstlicht niemals ein Gelbfilter vorschalten, weil dadurch die Rotempfindlichkeit noch gesteigert wird, die Hauttöne also noch bleicher kommen. Die Bleichung der Hauttöne kann sich dann so stark auswirken, daß Kunstlicht-Porträts mit hoch rotempfindlichen Filmen geradezu unähnlich werden.

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11. Die raffiniertesten, aber auch am meisten geschmeichelten Kunstlicht-Porträts sieht man noch immer beim Film. Dort wird nicht nur gut beleuchtet, sondern auch kräftig geschminkt. Etwas Schminke - vor allem wenn stark rotempfindliche Filme die Lippen bleichen und wenn diese Lippen an sich schon etwas blaß sind - kann Kunstlicht Porträts manchmal nicht schaden. Doch ist das Ansichtssache.

Ein Reflektor (Liesegang)

 

12. Langbrennweitige Optik
Die günstigste Porträt-Optik ist eine langbrennweitige (relativ langbrennweitige, siehe S. 174). Man kommt dann nicht in Versuchung, mit der Kamera allzu nahe an das Aufnahmeobjekt heranzugehen, um den Kopf "möglichst groß" zu bekommen. Das gibt in groben Fällen perspektivische Verzerrungen (große Ohren, dicke Nasenspitzen usw.), in milderen Fällen Unähnlichkeiten.

13. Ein Glas Wein . . .
Gute Porträts sind nicht nur eine technische Angelegenheit, sondern vor allem auch eine der guten Stimmung, - des Fotografen sowohl wie des Modells. Von einem geschundenen Modell sind keine lebendigen Aufnahmen zu bekommen. Ein Glas Wein tut oft bessere Dienste als eine weitere starke Lampe.

14. Kleinbild-Porträt-Brennweite
Eine ausgezeichnete Brennweite für die Kameras, die mit Kinofilm arbeiten (Leica-Typ) ist F 9 cm. F 13,5 cm ist der minimalen Tiefenschärfe wegen schon recht heikel. Es sei denn, man kann oder will 5 bis 6 m vom Modell wegrücken, sodaß sich schon dadurch die Tiefenschärfe vergrößert. Hat man aber in Innenräumen (wie meist) nur 2 - 3 m Platz, muß man aber auf 2 bis 3 m einstellen, so kann es allzu leicht Einstellfehler geben, die der mangelnden Tiefenschärfe wegen deutlich in Erscheinung treten. Im übrigen muß man sich erst durch Probeaufnahmen überzeugen, ob die Einstellung mit dem gekuppelten Entfernungsmesser auf diese Nah- Entfernungen auf den Zentimeter genau stimmt. Daß und weshalb hier Differenzen auftreten können, wird genauer auf S. 60 erörtert.

15. Lebensgroße Köpfe, kornlos
Ziel einer hochentwickelten Kleinbild-Porträt-Technik ist es, aus dem Leica-Format und einer Porträt-Brennweite lebensgroße Köpfe herauszuholen, die absolut scharf und absolut kornlos sind. Abnorm stark kann man Kleinkamera-Porträts vergrößern, wenn man sie mit panchromatischen 10 - 13/10° DIN-Film aufnimmt - des ungewöhnlich feinen Korns wegen. Mit zwei Heimlampen bekommt man dabei immer noch Momentbelichtungszeiten, die bei 1 : 4,5 je nach Licht zwischen ¼ und 1 Sekunde schwanken.

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16. Porträt-Moment-Aufnahmen
Mit 2 Lampen zu je 500 Watt, einer hellen Umgebung und viel guter Stimmung (die vor allem ein Helfer oder eine Helferin ausstrahlen muß) kommt man aus der Unterhaltung heraus zu Moment-Porträtaufnahmen.

17. Ein Qualitäts-Merkmal
Als Qualitätsmerkmal eines hochempfindlichen panchromatischen Films von 19 - 21/10° DIN gilt: der Film muß bei der Beleuchtung mit zwei Lampen der Nitraphot-Typen S oder B (in beiden Fällen eine Lichtmenge von rd. 20 000 Lumen) bei Blende 4,5 Momentaufnahmen aus der Hand mit 1/30 Sek. hergeben und bis in die Schatten durchgezeichnet sein. Dies bei normalen (also nicht verlängerter) Entwicklung in einem (echten) Feinkorn-Entwickler, also unter einem Verlust von rd. 3/10° DIN (s. S. 62).

18. Die rationellste Nitraphot-Birne
An einer einzigen Kunstlichtlampe wird man nicht viel Freude haben, an zweien weit mehr und am meisten an dreien. Aber zwei sind das normale. Die Type S ist billig. Die Type B weit teurer. Trotzdem aber ist die teure Type B auf langen Sicht weit billiger. Aus der Lebensdauer der Lampen kann man sich nämlich Folgendes ausrechnen:
Der Idealzustand, daß man nur drei Minuten Brenndauer pro Aufnahme braucht, tritt höchst selten oder nur bei ganz eingefuchsten Leuten ein, die ihren bis in alle Finessen ausgetüftelten Kunstlicht-Winkel haben. Man darf also durchaus mit 10 Minuten pro Aufnahme rechnen. Dann kostet (bei zwei Lampen) die "billigste" Type S pro Aufnahme 50 Pfennig, die "teure" Type B jedoch nur 4 Pfennig! Das ist ein kleiner Unterschied, wenn man öfter Kunstlichtaufnahmen macht. Für sehr gelegentliche Kunstlicht-Aufnahmen ist S natürlich immer noch empfehlenswert. Jedoch kann bei S 4mal häufiger der Fall eintreten, daß, wenn man gerade sein bestes, aussichtsreichstes Modell vor der Kamera hat, eine oder beide Lampen sagen: Schluß, unsere zwei Stunden sind herum, wir gehen aus, machten Sie freundlichst allein weiter.

Wer sich sehr ausführlich über das Gebiet der Kunstlicht-Aufnahme informieren möchte, besorge sich "Das Kunstlicht-Buch" von Dr. Heering (Dr. Heering Verlag, Preis in Halbleinen RM. 4,50).
Über Blitzlicht-Fotografie ist das Grundsätzliche auf S. 206 gesagt.

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19. Einige charakteristische Lampenstellungen für Kunstlicht-Porträts
Aufn. v. Seban Reiserer † - 24/36 mm. F 9 cm. Duto-Scheibe - Film: Perutz Reetepan

Gegenbeispiel. Harte Beleuchtung scharf von der Seite.

Weiche, plastische Beleuchtung mit 2 Lampen.

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Zweite Lampe als Gegen- und Streiflicht.

Effektbeleuchtung. Hauptlicht von unten. Meist unähnlich.

Doppellicht von einer Seite.

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"Rembrandt-Licht". Zweites Licht von schräg oben.

"Kino"-Beleuchtung. Zwei Lichter von schräg rückwärts, ein Licht zur Aufhellung von vorn.

20. Weichzeichnung bei Kleinkamera-Porträts
Es wäre ein Irrtum, anzunehmen, daß auch die kleinsten Kleinbild-Formate (z. B. das Leica-Format) sich nicht für weichzeichnende Optik eigneten. Abgesehen davon, daß es z. B. für die Leica ein weichzeichnendes Objektiv (das Thambar) gibt, wirken Leica-Porträts, die mit der schwächsten Dutoscheibe aufgenommen sind, ganz ausgezeichnet, insbesondere natürlich Frauen-, Mädchen- und Kinderporträts. Selbstverständliche Voraussetzung ist hierbei die Entwicklung eines denkbar feinen Bromsilberkorns (also echten Feinkornentwickler, s. S. 96). Ausführliches über den Softfocus-Effekt S. 147.

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