VI. O P T I K |
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Seite
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Allgemeines |
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Die Linsen-Fehler |
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Bläschen im Objekt |
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Wie prüft man sein Objektiv |
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Brennweite |
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Mindestbrennweite |
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Das Bildfeld |
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Über den Bildwinkel |
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Spezial-Objektive |
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Einige Formeln |
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Lichtstärke - relative Öffnung - wirksame
Öffnung |
165
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Ein komplizierter Fall |
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Der Lichtverlust im Objektiv |
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Wie rechnet man Blenden um? |
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Weshalb bewirkt die Blende Tiefenschärfe? |
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Weshalb ist der Tiefenschärfenraum jenseits der
Einstell-Entfernung
größer als diesseits?
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Warum größere Tiefenschärfe bei Ferneinstellung? |
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Warum haben kurzbrennweitige Objektive die größere
Tiefenschärfe? |
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Was gilt als scharf, was als unscharf? |
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Vorsatz-Linsen und das Rechnen mit Vorsatz-Linsen |
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"Mikro"-Aufnahmen mit der 9/12-Kamera |
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Die Ermittelung einer unbekannten Brennweite |
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Stichwortverzeichnis
O p t i k
Es soll niemandem zugemutet werden, sich intensiv mit der Wissenschaft
vom Objektiv zu befassen. Für den Hausgebrauch kommt man schon
mit verhältnismäßig geringen Kenntnissen aus. Es gibt
aber auch unter den Foto-Amateuren neugierige Leute, die einer Sache
unbedingt auf den Grund gehen müssen. In diesem Fall tut man das
nicht nur um der Theorie willen, sondern weil auf diesem Grunde wirklich
Perlen zu finden sind, Erkenntnisse, sie ihren unmittelwaren Wert für
die Praxis haben·.
Jedes Objektiv, auch das komplizierteste, ist im Effekt eine Sammellinse
im Sinne eines Leseglases oder Brennglases (was dasselbe ist). Zwischen
einer einfachen Sammellinse und einem Objektiv bestehen keine Unterschiede
der Art nach, sondern nur der Qualität nach. Schon hier kann man
fragen: warum genügt nicht eine ganz einfache Sammellinse? Es gibt
ungefähr 10 - 1- Gründe, weshalb und eine solche primitive
Linse nicht genügt, sie sitzt voller Fehler und Unarten. Davon
weiter unten.
Man kann sich eine Sammellinse durchaus als eine Kombination sehr vieler
Prismen vorstellen. Die Zeichnung macht das deutlich.
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Dann
ist klar, daß eine Sammellinse alle auf sie fallenden Strahlen
bündelt und in einem Punkt vereinigt, dem Brennpunkt. In diesem
Punkt werden z. B. die Strahlen der Sonne gesammelt und im Brennpunkt
sengen dann Stoffe wie Holz, Papier, Gardinen in fremden Wohnungen,
Schaufenster usw. sehr leicht, - was wir ja alle aus der Jugend
wissen. Auch mit einem fotografischen Objektiv kann man sich auf
diese Weise z. B. eine Zigarette anzünden. Es gibt nicht nur
Sammellinsen, es gibt auch Zerstreuungslinsen; sie sind sogar für
die Konstruktion moderner Objektive sehr wichtig. Wie eine Zerstreuungslinse
die auffallenden Strahlen beugt und zerstreut, sieht man an der
Zeichnung (unten). |
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Linsen brauchen nicht unbedingt ihre "Urform" zu haben. Die
neben der Urform (1 und 4) möglichen Formen sind folgende:
* Ein sehr empfehlenswertes Werkchen über die
Theorie der Optik: Prof. H., Schulz "Licht durch Glas" Reinhardt-Verlag,
Frankfurt.
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Links
die Formen der Sammellinsen, der positiven Linsen. Nr. 1 konvex-konvex,
Nr. 2 plan-konvex, Nr. 3 konkav-konvex. Nr. 3 wird von den Optikern
als Meniskus bezeichnet. In diesem Falle ist es ein Plus-Meniskus.
Menisken sind Brillengläser. |
Rechts die Formen der Zerstreuungslinsen.
Nr. 4 konkav-konkav. Nr. 5 plankonkav. Nr. 6 konvex-konkav. Nr.
6 ist wieder ein Meniskus (übersetzt "Möndchen",
ein Minus-Meniskus. |
Mit Plus-Menisken kann man bereits zwei - wenn auch primitive - Objektive
herstellen.
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Ein
Plus-Meniskus, die sogenannte Monokellinse. |
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Die Kombination zweier Plus-Menisken,
das Periskop. |
Diese beiden primitiven Objektive sind lichtschwach (erst etwa als
rel. Öffnung 1 : 11 zu brauchen), sie besitzen alle erdenklichen
Fehler, vor allem den schlimmsten: Focusdifferenz (s.
S. 155).
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Frei
von Focusdifferenz, aber immer noch lichtschwach und mit optischen
Fehlern behaftet ist der Achromat (früher Landschaftslinse
genannt). er besteht aus einer gewöhnlichen Sammellinse und
einer Zerstreuungslinse. Neu ist an dieser Kombination, daß
bereits zwei Linsen aus verschiedenem Glas, also auch mit verschiedener
Brechkraft benutzt werden. Dadurch gelingt es, die Focusdifferenz
aufzuheben. Achromatisch heißt "frei von Farbfehlern". |
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Eine
Kombination zweier Archromaten ergibt den Aplanaten. An Fehlern
besitzt er nur noch Bildfeldwölbung
und Astigmatismus (S.
155) und Schärfe. Der Aplanat ist ein Doppelobjektiv
dessen Glieder man einzeln verwenden kann (die Brennweite des Einzelgliedes
ist dann die doppelte. Aplanatisch heißt "frei von sphärischer
Abweichung" (s.
S. 155). |
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Nun
das vornehmste, lichtstärkste und fehlerloseste aller archromatischen
Objektive: der Anastigmat (in diesem Fall ein Tessar). Das Anastigmat
verdankt seine hohe Lichtstärke (bei großer Schärfe)
vor allem dem Fortfall des Astigmatismus (S.
155), der sonst nur durch Abblenden zu beseitigen ist. |
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Ein
Doppel-Anastigmat (Meyer-Plasmat). Doppelt heißt hier nicht
doppelt so gut, sondern: aus zwei Linsengruppen zusammengesetzt,
die auch als Einzelobjektive (längerer Brennweite) verwendet
werden können. Es gibt symmetrische Doppelanastigmaten, - dann
haben beide Linsengruppen gleiche Brennweite. es gibt halbsymmetrische
Doppelanastigmaten, - dann haben die beiden Linsengruppen verschiedene
Brennweiten. Unsymmetrisch sind Anastigmaten wie (s. oben) das Tessar,
- dann können die Linsengruppen einzeln nicht verwendet werden. |
Anastigmaten können, je nach Konstruktion, aus drei bis acht Einzellinsen
bestehen, die z. T. entweder freistehen oder miteinander verkittet sind
(mit Kanadabalsam). Anastigmatisch heißt: ein rein punktförmiges
(nicht verwischtes) Bild gebend.
Symmetrische oder halbsymmetrische
Doppelanastigmaten haben natürlich nur in Kameras mit langem Auszug
Zweck, man besitzt dann in einem Objekt mehrere Brennweiten (und damit
auch mehrere Darstellungsmaßstäbe s.
S. 161). Man nennt sie Satz-Objektive.
Der Vollständigkeit halber wollen wir auch noch den Apochromaten
erwähnen, der ein Anstigmat von höchster Korrektur für
alle Farben ist. er wird bei Mikroskopen und für die Teilaufnahmen
(jeder Farbe) in der Dreifarbenfotografie benutzt. es ist sehr wohl
möglich, daß man apochromatische Objektive eines Tages auch
in der Kleinbildfotografie benutzen wird, insbesondere in Verbindung
mit panchromatischen Filmen·. Dann ginge die All-Farbenempfindlichkeit
des Films mit der des Objektivs vollkommen parallel. Näheres S.
155 unter Focusdifferenz (chromatische Abweichung).
Die Linsenfehler
Vorausgeschickt sei, daß unsere modernen Objektive (Anastigmaten)
merkbare Linsenfehler kaum noch besitzen. Die Fehler, die man bei sehr
primitiven Objektiven finden könnte, sind folgende:
B i l d f e l d w ö l b u n g : Das scharfe Bild, das eine Sammellinse
entwirft, liegt nicht in einer Ebene (Mattscheibe), sondern es hat,
etwa wie sie konkaver Meniskus, Schalenform. Folge: die Schärfe
läßt außerhalb der Mitte nach. Abhilfe: blenden (Abschneiden
der Randstrahlen).
*- und vor allem für Farbaufnahmen!
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S p h ä r i s c h e A
b w e i c h u n g : Die Ränder einer Linse brechen den Lichtstrahl
stärker als die Mitte. Daher wachsende Unschärfe nach den
Bildrändern. Abhilfe: blenden.
Eine Folge der spährischen
Abweichung ist die sog. Blendendifferenz. Es kann geschehen, daß
ein Objektiv mit mittlerer Blende (6,3 - 9) schärfer zeichnet als
mit sehr kleiner (18 - 25). Das kann auch bei modernen Objektiven vorkommen,
insbesondere bei sehr lichtstarken Anastigmaten. Es erklärt sich
damit, daß in diesen Fällen weite Randgebiete des Objektivs
mit in die Korrektur einbezogen werden mußten, was wiederum auf
Kosten der Korrektur der Mitte geht. Mit der Mitte aber arbeitet man
bei sehr kleinen Blenden. Es ist im allgemeinen nicht günstig mit
diesen sehr kleinen Blenden zu arbeiten.
A s t i g m a t i s m u s
: Liegt ein Punkt außerhalb der Objektivachse (die vom Zentrum
der Mattscheibe durch das Zentrum des Objektivs zu denken ist), so werden
die von ihm ausgehenden Strahlen verschieden gebrochen, die lotrecht
auf die Linse fallenden anders als die schief auffallenden. Daher schneiden
sich diese Strahlen auch nicht mehr in einem Punkte, dem theoretischen
Brennpunkte der Linse. Dieser sehr gefährliche Linsenfehler bewirkt
rasch zunehmende Unschärfe von der Mitte aus, außerdem Verzerrungen.
Abhilfe: blenden. Erst die Beseitigung des Astigmatismus erlaubte die
Konstruktion lichtstarker Objektive (4,5 und lichtstärker). Im
übrigen besagt aber der Name Anastigmat noch nichts über die
sonstigen Qualitäten eines Objektivs, abgesehen davon, daß
der verschiedene Ausfall von Glasschmelzen Schwankungen innerhalb des
gleichen Objektivtyps im Gefolge haben kann. Der Name Anastigmat ist
also noch keine Qualitätsbezeichnung. Entscheidend ist der Ruf
des Herstellers.
K o m a : Hat ein Objektiv Koma,
so erscheinen Punkte am Bildrande in kometenartiger Form. Die Folge
ist Verschwommenheit an den Bildrändern. Kommt bei den Einzellinsen
von Doppelanastigmaten vor. Abhilfe: blenden.
V e r z e i c h n u n g : An
den Bildrändern werden gerade Linien nicht gerade , sondern gekrümmt
wiedergegeben. Der Fehler wird nicht nur bei einfachen Objektiven ,sondern
auch bei billigeren Tele-Objektiven gefunden , die dann z. B. für
Architektur - Aufnahmen nicht zu verwenden sind : Abhilfe : keine .
F o c u s d i f f e r e n z (chromatische
Abweichung): Eine Sammellinse ist ein prismatischer Glaskörper,
sie bricht also Licht in der gleichen Weise wie ein Prisma, d. h . sie
zerlegt den "weißen" Lichtstrahl in seine Komponenten,
die Spektralfarben (S.
32). Violett wird am stärksten gebrochen, Rot am schwächsten
(s. S. 156).
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Diese Erscheinung erkennt man an
den farbigen Rändern jeder Kontur, wenn man mit einer Monokellinse
(S. 153)
einstellt. Nun ist unser Auge am empfindlichsten für Gelb-Grün,
die fotografische Schicht aber für Blau-Violett. Wir stellen also
mit einem für die Schicht unscharfen Anteil des weißen Lichtes
ein. Das Ergebnis ist dann natürlich das, daß ein scharf
eingestelltes Bild unscharf wird. Bei der Focusdifferenz differieren
also das primäre (chemisch wirksame) und das sekundäre Spektrum.
Der Brennpunkt des primären Spektrums (Violett-Blau) liegt der
Linse näher, der des sekundären Spektrums (Grün, Gelb,
Rot) ferner.
Man kann die Focusdifferenz durch nachträgliche Korrektur am Auszug
aufheben. Formel: (Auszug x Auszug) durch (Brennweite mal 50)·.
Einfacher ist aber folgendes Verfahren: man filtert mit einem (mindestens
mittleren) Gelbfilter die unscharfen Blaustrahlen zum größten
Teil aus der Aufnahme.
Focusdifferenz haben im übrigen nur die Monokellinse, und das Periskop
(s. S. 153).
Die chromatische Abweichung ist bis auf einen geringen Rest, der sich
praktisch kaum auswirkt, bei allen unseren modernen Objektiven aufgehoben,
sie sind "chromatisch korrigiert"
Focusdifferenz entsteht aber auch bei hochkorrigierten Objektiven, wenn
man nicht mit den Strahlen fotografiert, auf die ein Objektiv normalerweise
korrigiert ist (das primäre und einen Teil des sekundären
Spektrums), sondern mit Strahlen von besonders kurzer oder besonders
langer Welle. Besonders kurzweilig ist das stark ultraviolette Licht
im Hochgebirge (vor allem im Winter und dann mittags). Man schneidet
dieses Licht dann durch ein sogenanntes UV-Filter ab. Besonders langweilig
ist das nicht sichtbare infrarote Licht (s.
S. 216). In diesem Fall kann der Korrektionszustand nur durch
Auszugsverlängerung wiederhergestellt werden (um 1/200 der Brennweite).
Bläschen im Objektiv
sind keine Fehler, sie sind sogar ein gültiger Beweis dafür,
daß das Objektiv aus hochwertigen Jenaer Gläsern besteht.
Für die optische Leistung des Objektives sind die Bläs'chen
ohne Belang.
* alles in cm.
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