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Geschichte der Fotografie - © Thomas Gade
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A.    FOTOGRAFIE ZWISCHEN 1839 UND 1850

2. Die ersten Methoden

2.1 Daguerreotypie

Daguerre fotografierte auf versilberten Kupferplatten, die mit Jod und Quecksilber behandelt und in einer Kochsalzlösung fixiert wurden. Die Belichtungszeiten für eine Aufnahme lagen zunächst in einer weiten Spanne um 20 Minuten und man konnte deswegen nur unbewegte Motive aufnehmen. Erste Versuche, Porträts aufzunehmen, schlugen fehl, da die langen Belichtungszeiten keine scharfen Bilder ermöglichten. Allerdings experimentierten die neuen Fotografen mit anderen Stoffen und hatten oft eine eigene Verfahrensvariante, und bereits 1840 waren zwei wesentliche Fortschritte erreicht.

Einerseits hatte der Wiener Optiker Friedrich Voigtländer ein Objektiv hergestellt, das bei einer ähnlichen Abbildungsleistung etwa 22 mal so lichtstark war wie das von Daguerre ver-wendete. Andererseits konnte man die Lichtempfindlichkeit der Platten steigern, indem man die mit Jod behandelte Silberoberfläche Brom- oder Chlorbromdämpfen aussetzte. Dadurch senkte sich die Belichtungszeit mitunter auf wenige Sekunden. Ein geübter Daguerreotypist mit kompletter Ausrüstung benötigte für das Vorbereiten der Platte, die Aufnahme und der weiteren chemischen Behandlung etwa eine halbe Stunde. Das war selbst im Vergleich mit der heutigen Minilabverarbeitung, die ca, eine Stunde dauert, eine erstaunlich kurze Zeit.

Die Oberfläche der Daguerreotypie war sehr empfindlich und durfte nicht berührt werden. Das Bild bestand im Grunde aus vielen winzigen Quecksilberkügelchen, die an der Oberfläche der versilberten Platte hafteten. Die Bindung war nicht sehr stark. Um das Bild vor mechanischen Einflüssen zu schützen, montierte man die fertigen Daguerreotypien unter Glas in aufwendige Etuis oder Bilderrahmen. Weiterhin versuchten Fotografen ihre Aufnahmen unempfindlicher gegen Abrieb zu machen, unter anderem indem sie sie mit Goldbädern behandelten oder lackierten. Ein Fotokonservator, der eine Daguerreotypie bearbeiten will, steht daher vor einer Reihe Schwierigkeiten. Die Daguereotypie ist praktisch gesehen nicht nur das fotografisch gewonnenen Bild sondern die Gesamtkomposition aus Halterung, Glasscheibe und der Aufnahmeplatte. Oft ist das Glas innen schmutzig oder angelaufen. Die Fotografie kann ebenfalls diese Merkmale aufweisen.

Daguerreotypisten lebten gefährlich, da sie mit giftigen Stoffen umgingen. Besonders das beim Entwickeln der Platten nötige Bedampfen mit Quecksilber, das eigenhändig vom Fotografen durchgeführt wurde, führte zu Vergiftungen. Man kann davon ausgehen, daß ihnen die Gefährlichkeit der Stoffe, mit denen sie umgingen, nicht bekannt war. In der von mir gelesenen Literatur finden sich keine Hinweise auf Schutzmaßnahmen, die man durchgeführt hätte. Viele Daguerreotypisten starben nach wenigen Jahren Beschäftigung mit der Fotografie oder zogen sich ein schweres Leiden zu, daß sie nie mehr los wurden.


2.2 Talbotypie

Talbots Verfahren beruhte auf einer anderen Grundlage. Er arbeitete nach dem heute allgemein üblichen Negativ-Positiv Prozeß. Im Dunkeln tränkte er Papier in eine Silbernitratlösung und trocknete es. Dann legte er es in die Kamera und belichtete solange, bis das Bild zu sehen war. Diese Aufnahme wurde fixiert und war ein Negativ. Um ein Positiv zu erhalten, wurde es auf ein anderes, ebenfalls lichtempfindlich gemachtes Papier kopiert. Dazu legte man das Negativ mit dem Bild nach unten auf das andere Papier und beschwerte beide mit einer Glasscheibe, die sie eng aneinander preßte. Talbot konstruierte einen Kopierrahmen, der diese Tätigkeit vereinfachte. Der Kopierrahmen wurde bis zu einer Stunde und länger in die Sonne gelegt, bis das Positiv gut auf dem unteren Bild zu sehen war. Dank der relativ großen Unempfindlichkeit des Materials konnte man dies von Zeit zu Zeit im Schatten überprüfen. Die Kopie wurde ebenfalls fixiert, gewässert und getrocknet.

1841 entdeckte Talbot das sogenannte 'latente Bild'. Er hatte herausgefunden, daß bereits eine kurze Belichtungszeit von einigen Sekunden oder wenigen Minuten ausreichte, um die Sil-bersalze so zu beeinflussen, daß sie durch eine chemische Behandlung (Entwicklung) zu dunklem Silber reduziert wurden. Dadurch verringerte sich die Belichtungszeit enorm und machte Talbots Verfahren attraktiver. Bilder nach diesem Verfahren nannte er 'Kalotypie'.


2.3 Vergleich

Zeitgenössische Kritiker, die beide Verfahren kannten, gaben der Daguerreotypie den Vorzug, da sie ohne einen zwischen-geschalteten Kopierprozeß unter damaligen Produktionsbedin-gungen wesentlich schärfer und detailreicher war. Bei der Talbotypie wurde nämlich die Faserstruktur des Negativs mit auf das Positiv übertragen. Daneben führte während des Kopiervorgangs eine Lichtstreuung im Papier zu Unschärfen, die feinste Details auslöschte. Talbot und andere behandelten ihre Negativpapiere mit öl oder rieben sie mit Wachs ein, um sie transparenter zu machen und diese Fehlerquellen zu mindern. Sie probierten auch, Glasplatten mit einer lichtempfindlichen Schicht zu überziehen, um vom Papier wegzukommen. Diese Versuche führten erst 1851 zu befriedigenden Ergebnissen. Bis dahin lieferte das Verfahren Daguerres die schärferen und detailreicheren Bilder.

Talbots Verfahren hatte dennoch, besonders in England, viele Anhänger. Hierfür gab es unter anderem patentechtliche Gründe. Daguerre hatte nämlich sein Verfahren in England patentieren lassen und man konnte es dort nicht wie in Frankreich kostenlos verwenden. Talbots Bildträger, Papier, war dazu wesentlich günstiger als eine versilberte Kupferplatte und das sonstige zum Daguerreotypieren nötige Material, so daß eigentlich jeder, der eine Kamera besaß, fotografieren konnte. Sein Verfahren bot außerdem die Möglichkeit, beliebig viele Kopien von einem Motiv anfertigen zu können. Dagegen war die Daguerreotypie ein Unikat. Die Daguerreotypien waren in ihrer Bildqualität so viel besser, daß sie, solange im Negativ - Positiv Verfahren auf Papier fotografiert wurde, weiter verbreitet waren. Sir John Herschel, dem Talbots das richtige Fixiermittel zu verdanken hatte, besuchte Arago 1839 in Paris und ließ sich Daguerreotypien zeigen. Aus einem Gespräch mit Arago ist folgende Bemerkung überliefert:

"Ich muß ihnen sagen, daß Monsieur Talbot, verglichen mit diesen Meisterwerken Daguerres, bloß verschwommene, nebelhafte Sachen zustande bringt. ..."

Dieses Urteil war hart, doch machten Talbot wie auch vielen anderen Fotografen, die nach seiner Methode arbeiteten, viele gute Bilder.

Nachdem es 1851 gelang, Glasplattennegative herzustellen, setzte sich die Negativ - Positiv Technik durch und verdrängte die Daguerreotypie innerhalb eines Jahrzehnts.



Vergleich einer Daguerrotypie mit einer Kalotypie.
Daguerrotypie aus den späten 40ger Jahren. Oben Anonym.


























'Der Loste von Newhaven' von David Octavius Hill
Kalotypie um 1844



























aus: Bruce Bernard, Foto Entdeckungen 1840 - 1940,
Köln, 1981, oberes Bild: S. 8, unteres Bild: S. 9






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