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Canon RF 24-105 mm F4 L IS USM

2019/2021 © Thomas Gade


Canon RF 24-105mm F4 L IS USM mit Sonnenblende

Die Einführung von spiegellosen Systemkameras für Wechselobjektive nutzte Canon für ein neues Objektivbajonett mit kürzerem Auflagemaß. Als Standardzoom für das Vollformat kann das Canon RF 24-105 mm F4 L IS USM betrachtet werden, welches viele Aufnahmesituationen abdeckt. Es hat ein schlichtes Äußeres. Am Tubus gibt es einen Umschalter zwischen Autofokus (AF) und manuellem Fokus (MF) sowie Schalter für den integrierten Bildstabilisator. Der Preis in Höhe von etwa 1100 € (im Jahre 2019) macht daraus kein Schnäppchen, dürfte aber den insgesamt stark geschrumpften Absatzzahlen im Kameramarkt bei gleichzeitig steigenden qualitativen Ansprüchen zuzuschreiben sein. Bei den anderen Kamerahersteller sind ähnliche Objektive etwa gleich teuer.

Alternativ bietet Sigma das 24-105mm F4,0 DG OS HSM Art mit dem Canon RF Anschluss für etwa 760 € an. Dessen Leistungsfähigkeit ist mir unbekannt. Ob sich die Preisdifferenz lohnt? Lieber würde ich versuchen, eine preislich attraktive Kombination aus Gehäuse und dem 24-105mm Zoomobjektiv von Canon direkt zu erwerben und eventuell Cash Back Vorteile zu nutzen.

Canon lieh mir das Objektiv erstmals im Jahre 2019 mitsamt einer Kamera für das Schreiben eines Artikels über Focus Stacking für eine Fotozeitschrift. In dem relativ kurzen Leihzeitraum hatte ich kaum Gelegenheit, es außerhalb dieser Verwendung zu testen und konnte seine volle Leistungsfähigkeit nicht ausloten. Insgesamt hinterließ das Objektiv beim ersten Test einen guten Eindruck mit leichten Zweifeln an seiner Schärfeleistung. 2021 konnte ich es nochmals testen und anschließend seine Stärken und Schwächen besser beurteilen.

Technische Daten

Hersteller Canon
Bezeichnung Canon RF 24-105mm F4 L IS USM
Markteinführung 2018
Preis 1100 € (August 2019)
Zubehör dabei Lens Hood EW-83N (Sonnenblende)
Brennweite 24 - 105 mm
Blende 4 - 22
Naheinstellgrenze 0,45 m
Bildstabilisator 5 Stufen
Autofokus Nano USM Motor
Gewicht 697 g ohne Sonnenblende und Deckel
Abmessungen 83,5 x 107,3 mm
Filterdurchmesser 77 mm
Format bis Kleinbild (24 x 36 mm)

Das Objektiv der L Serie ist robust gebaut und hat diverse Dichtungen als Schutz vor Nässe und Staub.


Canon RF 24-105mm F4 L IS USM mit Sonnenblende

Gemessen am Preis ist das Design unauffällig und schlicht. Die einzige Verzierung ist ein schmaler rundum laufender roter Streifen am Scharfstellring. Vielleicht könnte man das Objektiv mit einer gut gemachten Sonnenblende aus flexiblem Gummi aufwerten, die vordere Stöße abfängt und das Einstecken in die Fototasche erleichtert. Die starre Sonnenblende aus festem Kunststoff findet man auch an jedem billigen Objektiv. In der Praxis wird sie oft zu Hause gelassen, weil sie sperrig ist.
Diese Kritik lässt sich aber auch auf ähnlich Objektive der anderen Kamerahersteller übertragen. Es wird Zeit, dass jemand mal diese starren und sperrigen Sonnenblende durch pfiffigere Konstruktionen ersetzt.

Canon EOS RP mit Canon RF 24-105mm F4 IS USM

Wer noch mit der DSLR arbeitet, muss sich erst an die neuen Größenverhältnisse in den spiegellosen Systemen gewöhnen. Darin wirken Objektive ungewöhnlich lang, während im Gegenzug die Kameragehäuse irgendwie zu klein erscheinen.

Am Objektiv gibt es drei Einstellringe. Die hinteren vor dem Bajonett dienen zum Zoomen und Scharfstellen. Der vordere geriffelte Einstellring heißt Steuerungsring. An der Kamera kann eingestellt werden, was damit gesteuert wird, beispielsweise die Blende oder Verschlusszeit. Der Steuerungsring klickt und rastet beim Drehen. Canon weist darauf hin, dass dieses Geräusch beim Filmen aufgenommen wird. Das Klickgeräusch kann vom Canon-Kundendienst deaktiviert werden.


RF Bajonett des Zoomojektivs Canon RF 24-105mm F4 L IS USM

Am Objektiv gibt es zwei Schalter zum Ein- und Ausschalten des Bildstabilisators (Image Stabilizer) und zum Wechsel zwischen Autofokus und manueller Scharfstellung.

Optische Qualität

24 mm


24 mm Brennweite, ISO 400, 1/1000 s, F8


Ausschnitt 800 x 533

53 mm


53 mm Brennweite, ISO, 1/800 s, F8


Ausschnitt 800 x 533 Pixel

105 mm


105 mm Brennweite, ISO 400, 1/1000 s, F8


Ausschnitt 800 x 533 Pixel

Die Beispiele zeigen drei Fotos, die freihändig bei sonnigem Wetter mit Blende 8 und eingeschalteter Bildstabilisierung aufgenommen wurden. Die Belichtungszeiten lagen zwischen 1/800 und 1/1000 s.

Es sind weder in der Mitte noch in den Ecken chromatischen Aberrationen (Farbsäume) zu sehen. Liegt das nur der Optik? Oder trägt die Software der Kamera ihren Teil dazu bei? In dieser Hinsicht sind die Ergebnisse vorzüglich.

Die Schärfe ist gut, aber nicht knackscharf. Vielleicht bügelt die Software etwas zu viel aus, was als Rauschen wahrgenommen wird. Ein modernes L Objektiv sollte etwas bissiger sein, zumal die zum Testen verwendete Canon EOS RP mit 26 Megapixel auf einem Vollformatsensor hinsichtlich ihrer Auflösung heute eher im unteren Bereich einzuordnen ist und das Objektiv auch für mehr Pixel gut sein sollte. In Schulnoten würde ich die Schärfe bei diesen Bildern mit einer 2 bewerten. Für die 1 reicht es nicht ganz. Mein Testzeitraum war leider zu kurz, um diesen Aspekt durch andere Menüeinstellungen und weitere Fotoserien genauer zu untersuchen.
Auch kann ich bei den Motiven eine geringe Bewegungsunschärfe nicht ausschließen. Es sind Boote, die schwimmend im Wasser nie ganz ruhig lagen und durch den Zug an ihren Tauen auch die in den Boden gerammten Pfähle etwas zum Schwingen bringen.

Ich diskutierte meine Ergebnisse mit einem Kollegen in der Redaktion einer Fotozeitschrift. Er hatte ebenfalls die aktuellen 24-105 mm Zoomobjektive von Canon und Panasonic verglichen und war zu umgekehrten Ergebnissen gekommen. Er fand die Optik von Canon etwas schärfer als die von Panasonic. Als mögliche Erklärung fiel uns der Begriff Serienstreuung ein. Wir vermuteten auch, dass die durch einige Hände gehenden und oft von Paketdiensten transportierten Leihobjektive durch ihre wohl überdurchschnittliche Beanspruchung früher Schwächen entwickelten und irgendwann nicht mehr zur Höchstform auflaufen konnten.  

Wie auch immer. Ich erwähnte bereits, dass einige weitere Aufnahmeserien nötig waren, um mehr Sicherheit beim Beurteilen der Abbildungsleistung zu erlangen. Weitere Ergebnisse mit meinem derzeit favorisierten RAW-Konverter DXO PhotoLab 4 oder einem Nachfolger interessierten mich, weil das Objektiv auch Kameras mit höherer Pixelanzahl bedienen sollte.

Nachtrag (Mai 2021)

Die Gelegenheit dazu ergab sich 2021 beim Testen einer Canon EOS R5 und bestätigte meine Erkenntnisse aus dem ersten Test. Ob ich beide Male das selbe Objektiv aus dem Verleihpool von Canon bekam und es ev. eine Macke hatte, ließ sich allerdings nicht mehr nachvollziehen.

Verzeichnung


24 mm - Tonnenförmige Verzeichnung


85 mm - Kissenförmige Verzeichnung

Bei 24 mm sind Aufnahmen tonnenförmig verzeichnet. Zwischen 35 mm bis 105 mm Brennweite zeigen alle Bilder eine kissenförmige Verzeichnung.

Immer Objektivkorrektur verwenden!

Objektivkorrekturen in Adobe Lightroom, Camera RAW (im Photoshop) und DxO PhotoLab 4 korrigieren solche Verzeichnungen automatisch und zuverlässig. Gleiches gilt auch für Vignettierung, also Lichtabfall in den Ecken. Dazu verwenden die Programme speziell für dieses Objektiv erstellte Profile über seine Abbildungscharakteristik. Die Kameras können das auch, aber nur bei Ausgabe von JPG-Dateien.


800x500 Pixel Ausschnitt aus der Ecke links oben. Auf 85 mm und Blende 8
Ohne Objektivkorrektur. Es sind grünliche und violette Farbsäume erkennbar. Die Schärfe ist mäßig.


800x500 Pixel Ausschnitt aus der Ecke links oben. Auf 85 mm und Blende 8
Ohne Objektivkorrektur. Die Farbsäume sind fast vollständig weg. Die Schärfe bleibt mäßig.


800x500 Pixel Ausschnitt aus Mitte des Bildes. Auf 85 mm und Blende 8
Ohne Objektivkorrektur. Nichts zu beanstanden.


800x500 Pixel Ausschnitt aus Mitte des Bildes. Auf 85 mm und Blende 8
Mit Objektivkorrektur. Nichts zu beanstanden.

Dieses Objektiv ist für beste Leistungen auf die Objektivkorrektur angewiesen. In den Bildecken lässt die Schärfe im Vergleich zur Bildmitte stärker nach als man von einem modernen Standardzom der L-Klasse für ca. 1100 € erwartet.

Nachlassende Schärfe zum Bildrand

Beispiel 1 - 39 mm, Blende 8


Canon EOS R5, RF 24-105mm F4 L IS USM. Auf 39 mm, 1/4000 sec, Blende 8, ISO 1600


800x500 Pixel Ausschnitt aus der Bildmitte. Mit Objektivkorrektur
Hohe Schärfe und viele Details


800x500 Pixel Ausschnitt. Linker Bildrand, mitte. Mit Objektivkorrektur in DxO PhotoLab 4.
Unscharf, geringe Detailauflösung. Der Leistungsabfall ist erheblich.

Das kann bei 39 mm Brennweite und Blende 8 nicht daran liegen, dass der mittige Bereich näher war als der auf der linken Seite. Der AF hat auf den mittigen Bereich fokussiert, der vom Aufnahmestandpunkt ca. 50 Meter entfernt war. Damit lag man bei 39 mm Brennweite so dicht am Unendlich-Anschlag, dass mit Blende 8 auch die weiter entfernten Bereiche am linken Bildrand scharf sein mussten.

Dass es einen deutlichen Schärfeabfall in den Ecken gibt, zeigt ja auch das darüberliegende Beispiel mit dem Gitterzaun.

Beispiel 2 - 105 mm, Blende 9,5


Auf 105 mm mit Blende 9,5


800x500 Pixel Ausschnitt aus der Bildmitte. Mit Objektivkorrektur. Gute Detailauflösung


800x500 Pixel Ausschnitt. Rechter Bildrand, mitte. Mit Objektivkorrektur.
Unschärfer als in der Bildmitte, nachlassende Detailauflösung und Farbsäume.

Objektive sind selten perfekt. Sie haben fast immer irgendwelche Abbildungsprobleme, die bei guten Objektiven jedoch so gering sind, dass sie innerhalb ihres Verwendungszwecks kaum ins Gewicht fallen. So dachte man früher.

Bei modernen Objektiven in der Digitalfotografie trägt die Korrektur von Fehlern durch Prozessoren und Software dazu bei, Verzeichnung, Vignettierung und Farbsäume erheblich zu minimieren und gleichzeitig auch die Schärfeleistung zu verbessern. Dazu sind Profile nötig, die durch das Vermessen der betreffenden Objektive erstellt werden. Sie können bestmöglich nur funktionieren, wenn das konkret vom Fotografen verwendete Objektiv einen annähernd ähnlichen Abbildungscharakter hat wie das Objektiv, welches vermessen wurde. Objektive aus einer Serie sind niemals identisch. Minimale Abweichungen in der Fertigung bewirken eine gewisse Serienstreuung, die zu besseren und schlechteren Exemplaen führt. Zum Erstellen eines Profils sollte daher nicht ein ausgesuchtes, sehr gutes Exemplar verwendet werden, sondern ein durchschnittliches.

Ob in diesem theoretischen Hintergrund die Erklärung für die deutlich schwächere Abbildungsleistung der von mir getesteten RF 24-105mm L IS USM Objektive enthalten ist, weiß ich leider nicht. Vielleicht hatten meine Testexemplare auch leichte Macken oder waren optisch gar nicht so gut, um ideale Partner für eine teure Vollformat-Kamera mit 45 Million Pixel zu sein.

Von einem Standard-Zoomobjektiv mit relativ entspannten Werten und gleichzeitig einem Preis über 1000 € erwarte ich mehr. Zugegeben, die kleinen Ausschnitte aus den 45 Millionen Pixel Dateien gehen in die Richtung mikroskopischer Betrachtung, aber diese fand erst statt, nachdem mir Schwächen am Bildrand beim Betrachten der Fotos auf einem großen Display aufgefallen waren.

Die teils deutlich ausgeprägte Schwächen am Bildrand können beim Zusammenrechnen von mehreren Fotos für hochaufgelöste Panoramaaufnahmen Schwierigkeiten bereiten. Bei einigen Panoramen fand ich tatsächlich an Nahtstellen im Bild mehrmals unscharfe Partien mit Farbsäumen. Sie fielen erst beim Hineinzoomen auf, doch dann eben auch sehr störend.

Wenn man sich die Mühe macht, auf diese Weise Fotos zu produzieren, sollen bei den hohen Kosten für die eingesetzte Fototechnik nahezu makellose Ergebnisse zustande kommen.

Da ich selten mit Canon Kameras arbeite, kenne ich aktuelle alternative Objektive von Drittherstellern nicht aus eigener Erfahrung. Jedoch würde mich die Abbildungsschwäche des RF 24-105mm L F4 IS USM dazu veranlassen, eine preiswertere Alternative zu suchen, die leistungsmäßig vergleichbar ist, um das gesparte Geld für andere Objektive zu investieren, wie beispielsweise das Canon RF 600mm F11 IS STM Teleobjektiv.

Canon bietet mit dem RF 24-105 mm F4-6,7 IS STM  für ca. 420 € sogar selbst eine 300 g leichtere und über 600 € günstigere Alternative mit gleichem Brennweitenbereich an. Die geringere Lichtstärke im Telebereich fällt aufgrund der exzellenten High-ISO Fähigkeiten kaum ins Gewicht. Ich kenne es nicht, aber die Rezensionen im Internet fallen überwiegend gut aus.

Fazit

Das Objektiv wirkt ziemlich wuchtig am zierlichen Canon RP Gehäuse. Aber die anderen aktuellen 24-105 mm Zoomobjektive für Vollformat-Sensoren haben ähnliche Abmessungen und Gewichte. Ich hatte im gleichen Testzeitraum eine Panasonic Lumix S1 mit dem dazugehörigen 24-105 mm Zoom im Haus, sodass die gleichartigen Objektive gut zu vergleichen waren.

Bei den Kitobjektiven gibt es Unterschiede. Das Panasonic 24-105 mm Zoom hat eine Naheinstellgrenze von 30 cm und erreicht mit 105 mm Brennweiteneinstellung einen Abbildungsmaßstab von 1:2. Das Objektiv zeichnet mit allen Brennweiten von nah bis fern sehr scharf und der Autofokus der Lumix S1 ist sehr gut. Beim Canon RF 24-105 mm liegt die Naheinstellgrenze bei 45 cm. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt 1:4.

Mit seiner Abbildungsqualität war ich nicht ganz zufrieden. Die knackige Schärfe der Panasonic 24-105 mm wurde von dem Canon Zoom Objektiv nicht erreicht. Auch wenn die Bewertungen das Canon RF 24-105 mm bei Amazon überwiegend sehr gut ausfallen, fand ich auch dort Hinweise auf Schwächen bei der Schärfe. Sie sind nicht gravierend, fallen aber auf, wenn man parallel mit beiden Kameras und den Objektiven arbeitet.

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