Das Herstellen von Lösungen
Wenn nicht anders vorgeschrieben, gilt Leitungswasser als Lösungsmittel. Jedoch verwendet man beim Ansetzen von Entwicklern grundsätzlich gekochtes Wasser. Gekochtes Wasser enthält weniger Luft, wirkt also weniger leicht oxydierend auf den Entwickler. Das Wasser darf warm sein, damit sich die Chemikalien schneller lösen (bei Natriumsulfit, Natriumbisulfit und Kaliummetabisulfit jedoch nicht heiß). Am besten werden die einzeln in Wasser völlig gelösten Substanzen zusammengegossen, und zwar in der jeweils angegebenen Reihenfolge. Alle Lösungen sollen in Glas-, nicht in Metallgefäßen hergestellt werden.
Wasserfreie Salze, wie z. B. Natriumsulfit wasserfrei und Soda wasserfrei müssen in das Wasser gebracht werden (in kleinen Quantitäten und unter Umrühren), man darf nicht das Wasser auf die wasserfreien Salze schütten, die sonst festverbacken und sich schwer lösen. Das gilt insbesondere auch für saures Fixiersalz (und Schnellfixiersalz).


Die übrigen kristallisierten Chemikalien verbacken nicht, wenn man das Wasser zu den Chemikalien gießt.
Beim Abwiegen von kleinen Mengen sind Briefwaagen zu ungenau. Man braucht infolgedessen eine kleine Balkenwaage. Auf beide Waagschalen wird vor dem Aufschütten des Chemikals je ein gleichgroßes Stück Papier gelegt, damit die Schalen nicht mit den Chemikalien in Berührung kommen.
Fehlen Gewichte, so können sie durch Geldstücke ersetzt werden, deren Gewichte man bei einem Drogisten feststellt.
Metall- oder Holzlöffel dürfen nicht beim Abwiegen verwendet werden, sondern Löffel aus Preßstoff.
T r ü b e Lösungen (z. B. konzentrierte Entwickler-Lösungen) werden filtriert oder man wartet, bis sie sich absetzen und gießt sie dann vorsichtig ab.

X-prozentige Lösungen
Unter 100 ccm einer z. B. 10 %igen Lösung versteht man eine Lösung, die in 100 ccm Gesamtvolumen 10 g eines Chemikals enthält. Die Prozente sind also "Gewichtsprozente in Volumen" (Gramm in Liter). Eine 10%ige Lösung kann man infolgedessen nur folgendermaßen herstellen: man gibt 10 g des Chemikals zu 90 ccm Wasser. Damit erhält man noch nicht 100 ccm Lösung, da ja das Chemikal ein geringeres Volumen einnimmt als Wasser. Infolgedessen füllt man das an 100 ccm Fehlende noch mit Wasser auf. Damit kommen in der Tat auf 100 ccm Gesamtvolumen 10 Gewichtsanteile des Chemikals, die Lösung in 10%ig.

Jedoch ist die Gleichsetzung von g und ccm nur bei Wasser möglich (1 ccm Wasser = 1 g, 1000 ccm = 1000 g, 1 kg = 1 Liter).
Bei schwachen Säurelösungen (Essigsäure, Salzsäure usw.) ist jedoch die korrekte Mischung nach Gewicht nicht erforderlich, man kann z. B. bei einer 2%igen Lösung ruhig 2 ccm Säure zu 100 ccm Wasser geben.

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Die Kreuzregel (nur auf fertige Lösungen anwendbar).
Will man eine höherprozentige Lösung in eine niedrigerprozentige überführen, so verfährt man nach der Kreuzregel. Angenommen, eine 15%ige Lösung soll zu einer 5%igen werden:

15 %
Links oben wird der Prozentgehalt der Ausgangslösung hingeschrieben. Rechts oben der Prozentgehalt des Wassers (in diesem Fall 0). In der Mitte der Prozentgehalt, der sich neu ergeben soll. Darauf rechnet man in jeder Diagonale die Differenz der auf ihr liegenden Zahlen aus und schreibt sie an das untere Ende der jewiligen Diagonale. In diesem Fall erhält
0 %    

Man rechts 10, links (da von 5 nichts abzuziehen ist) 5. Das Ergebnis ist dann folgendes: 5 Teile der Ausgangslösung (linke Seite) müssen mit 10 Teilen Wasser (rechte Seite) gemischt werden.
Man kann mit der Kreuzregel auch zwei Stammlösungen zu einer dritten von mittlerem Prozentgehalt umrechnen. Beispiel: aus einer 20- und einer 8%igen Lösung soll eine 10%ige gemischt werden.

0 %
Ergebnis in den Diagonalen: rechts unten Differenz 10, links unten Differenz 2. Mithin sind miteinander zu mischen 2 Teile der 20%igen Lösung (links) mit 10 Teilen der 8%igen Lösung (rechts).Unter einer k o n z e n t r i e r t e n (gesättigten Lösung) ist die Lösung eines Chemikals in Wasser zu verstehen derart,
8 %    

daß ein weiterer Zusatz des Chemikals sich nicht mehr löst, d. h. auskristallisiert. Man stellt eine konzentrierte Lösung her, indem man lauwarmem Wasser solange kleine Mengen des Chemikals unter Umrühren zusetzt, bis sich nichts mehr löst. Die Lösung wird dann bei 18° C (ohne Bodensatz) abgefüllt.

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Lösungen 1 : X
Man kann den Gehalt einer Lösung auch anders als in Prozenten ausdrücken, vor allem dann, wenn es sich um das Mischungsverhältnis von Flüssigkeiten handelt, also z. B. von Wasser und konzentrierten Entwickler-Lösungen. Wird z. B. für einen Gebrauchtentwickler das Mischungsver-hältnis 1 : 4 verlangt, so bedeutet das, daß zu 4 teilen Wasser 1 Teil der Entwickler-Vorratslösung hinzukommt. Die Lösung besteht dann also aus insgesamt 5 Einheiten. Will man wissen, wievielprozentig diese Lösung ist, so hat man lediglich 100 durch sämtliche in der Lösung befindlichen Einheiten zu dividieren, in diesem Fall 100 : 5 = 20. Diese Lösung ist also 20prozentig.

M e r k s a t z über Lösungs- und Mischungsverhältnisse: Beispiel: in einer 10prozentigen wässrigen Lösung befinden sich im Gesamtvolumen von 100 ccm (bei Wasser = g) 10 g eines Chemikals.
1 : 10 heißt : 1 Einheit plus 10 Einheiten. Umrechnung in Prozent s. oben

Äquivalente Mengen
Gewisse vielgebrauchte fotografische Chemikalien können durch andere ersetzt werden, die die gleiche Wirkung haben, wenn sie mengenmäßig anders dosiert werden. Es verhalten sich zueinander:

Natriumsulfit krist. zu wasserfrei (sicc.)   2 : 1
Natriumsulfit krist. zu Kaliummetabisulfit   2 : 0,9
Natriumbisulfit sicc. zu Kaliummetabisulfit krist.   1 : 1
Soda wasserfrei zu krist.   1 : 2,7
Soda wasserfrei zu Pottasche   1 : 1,3
Soda krist. zu Pottasche   2 : 1
Ätznatron zu Ätzkali   1 : 1,4 :
Ätznatron zu Soda wasserfrei (sicc.)   1 : 12
Ätznatron zu Pottasche   1 : 6
Ätznatron zu dreibasischem Natriumphosphat   1 : 5

Die Zusammensetzung von Entwicklern
Ein Entwickler besteht aus der eigentlichen Entwickler-Substanz, nach der er benannt ist, einem konservierenden Chemikal, das die schnelle Oxydation verhindert (meistens Natriumsulfit) und einem Alkali (Soda, Pottasche, Ätznatron usw.), das vor allem die Gelatine auflockert und den Entwicklungsvorgang einleitet. Es gibt starke Alkalien (Ätznatron, Ätzkali), schwächere (Soda, Pottasche, dreibasisches Natriumphosphat usw.) und schwache (z. B. Borax).
Einige Entwickler-Substanzen haben auch ohne Alkali entwickelnde Kraft, nämlich Metol, Amidol und Phenylendiamin.

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Arten der Entwickler
Wir unterscheiden die Entwickler ihrer Eignung und ihrer Konzentration nach in
1. R a p i d - E n t w i c k l e r (Metol-Hydrochinon, Glyzin, Rodinal, Amidol usw.), Schalen-Entwickler, die in ca. 4 - 7 Minuten ein kräftig geschwärztes Bild hervorrufen. Für die Kleinbild-Entwicklung kommen diese Entwickler im allgemeinen nicht in Frage, da sie zu kontrastreich arbeiten und ein zu grobes Silberkorn geben.
2. S t a n d - E n t w i c k l e r (Glyzin, Brenzkatechin usw.), dünner angesetzte Entwickler für die gleichzeitige Hervorrufung von vielen Negativen in Tanks oder Dosen. Die dünner angesetzte Lösung (Entwicklungszeit je nach Art der Vorschrift 15 - 60 Minuten) arbeitet etwas weniger kräftig als die der Rapid-Schalenentwickler (die man übrigens durch Verdünnung gleichfalls zu Standentwicklern machen kann). Die Standentwicklung bewirkt einen gewissen Ausgleich der verschiedenartigen Belichtungen, die sich auf einem Filmstreifen befinden. Stärker ist diese Wirkungsweise bei den ausgesprochenen
3. A u s g l e i c h - E n t w i c k l e r n (Brenzkatechin S. 82 und käufliche). Diese Entwickler dämpfen vor allem die Kontraste von Aufnahmen mit abnormen Lichtgegensätzen. Diese Wirkungsweise findet sich auch in gewissem Maße bei den
4. F e i n k o r n - En t w i c k l e r n, die ein ausgesprochen feines Korn bewirken. Hierbei sind zu unterscheiden die Feinkorn-Entwickler älterer Art, wozu auch noch der Borax-Entwickler S. 84 zu rechnen ist und die "echten" Feinkorn-Entwickler (die Phenylendiamin-Formeln S. 85 ff. und die käuflichen Feinkorn-Entwickler W 665 (Perutz), Atomal, Ultrafin SF usw.).

Grundsätzliches über Entwicklungs-Technik
18 - 19° C sind Voraussetzung für jede vorschriftsmäßige Entwicklung. Andernfalls entwickeln Negative bei niedrigen Temperaturen scheinbar unterbelichtet, bei höheren scheinbar überbelichtet und schleirig. Im Winter kann man eine gleichmäßige Entwicklungs-Temperatur durch eine elektrische Wärmeplatte (3 Heizstufen, Hersteller: Stuva, Bln.-Weißensee) innehalten. Oder man setzt das Entwicklungsgefäß in eine größere Schale mit lauwarmen Wasser. Sehr praktisch ist auch ein Tauchsieder. Im Sommer stellt man das Entwicklungsgefäß in eine Schale mit kaltem bzw. eisgekühltem Wasser.
Alle Entwickler sind erschöpflich, der eine mehr, der andere weniger. Je stärker mit Alkalien versetzt, desto leichter erschöpflich ist im allgemeinen der Entwickler.
Kräftig konzentrierte Gebrauchslösungen arbeiten schneller, kräftiger deckend und steiler in der Gradation. Verdünnung bewirkt langsamere und weichere Entwicklung.
A l t e r Entwickler ist in seiner Aktivität nie kontrollierbar und deshalb lediglich eine Fehlerquelle. Jedoch kann mäßig gebrauchter Entwickler (z. B. Metol-Hyfdrochinon für die Entwicklung von Bildern) ohne weiteres aufgehoben werden, jedoch in hochgefüllter Flasche, d. h. mit möglichst wenig Luft innerhalb der Flasche. Die Tetenal-Werke stellen kleine Glaskugeln her, mit denen man die gewünschte Füllung bis obenhin erreicht. S. a. Seite 98, Tip 8.
W a r m e r Entwickler (bis 25° C) preßt aus knapp belichteten Negativen das Letzte heraus, meist vor allem einen dichten Schleier. Experimente dieser Art pflegen gefährlich zu sein.
M e t o l h a l t i g e · Entwickler (Vorratslösungen) können nachträglich wieder auskristallisieren (schwimmende kleine Kristallnadeln). Abhilfe: Erwärmen, falls unwirksam tropfenweise Zusatz von 10prozentiger Ätznatron-Lösung und Umschütteln. Auch Zusatz von reinem Alkohol ist wirksam (bis zu 10 % des Entwickler-Volumens).
Meist verwendeter Entwickler für Positive: der Rapid-Entwickler Metol-Hydrochinon. Hierüber besondere Angaben unter Vergrößern, S. 132. Trübung der Gebrauchslösung erklärt sich meist durch den Kalkgehalt des Wassers und pflegt dann praktisch ohne Belang zu sein.
Man kann Entwickler-Chemikalien nicht in beliebiger Reihenfolge lösen. hierüber Näheres S. 76 unter "Herstellen von Lösungen". Vor allem ist in metolhaltigen Entwicklern das Metol stets vorher zu lösen, ehe das Natriumsulfit hinzugegeben wird.

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