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Zeiss Jena C 63 / 840 Telementor

April 2012 © Thomas Gade

Der C 63/840 ist ein klassischer und sehr gut gebauter achromatischer Refraktor von Carl Zeiss Jena, der häufig von Schulen verwendet wurde. In Kombination mit der passenden motorisierten parallaktischen Montierung heißt das Set 'Telemator' und mit der einfachen, nur per Hand zu bedienenden Montierung 'Telementor'. Der Name Telementor hat sich auch für den bloßen Refraktor ohne Montierung durchgesetzt.

Der Tubus hat einen besonderen Aufbau. Anstelle eines Okularauszugs, der den Tubus zum Einstecken der Okulare vor und zurück bewegt, besteht das Teleskop aus einer Röhre, in der das Objektiv verschoben wird! Es mittels eines Drehknopfs zum Scharfstellen hin- und her bewegt. Innenfokussierung!

Beim Beobachten mit starken Vergrößerungen erstaunte es mich, dass die Lagerung der Röhre mit dem Objektiv im Inneren auf drei kleinen Teflonstücken (vermutlich) und dem Fokussierrad so gut war, dass sie keinerlei sichtbares Shifting verursachte. Da eierte nichts hin und her. Die Kontruktion war gelungen.

Beschreibung


Telemator mit Okularrevolver

Der Refraktor C 63 / 840 wurde vom Hersteller Carl Zeiss Jena als 'Universelles Fernrohr für Liebhaber der Astronomie und für Schulzwecke' beschrieben. 'Telemator' ist der Name für ein Set bestehend auf dem Tubus, dem Sucher, drei Okularen, der motorisierten parallaktischen Montierung TM und einem Stativ. Bekannter ist der Begriff 'Telementor'. In dem Set hatte die Montierung keinen Motor.

Das Teleskop wurde in der DDR entwickelt und hat unter Kennern einen sehr guten Ruf. Es wird auf dem Gebrauchtmarkt zu steigenden Preisen gehandelt. Mit seiner Öffnung von 63 mm ist es kleiner als heute übliche Größen. 80 mm Öffnung gelten mittlerweile als Einsteigerniveau, wenn ernsthafte Ambitionen zur Hobby-Astronomie vorhanden sind. Kleinere Durchmesser sind nur noch als Multifunktionsgeräte für Reisen mit leichtem Gepäck, terrestrische Naturbeobachtungen und als Teleobjektiv vertreten, wenn man den Billigmarkt für Ahnungslose außer Acht läßt. Das sollte nicht zum Irrtum verleiten, bei dem alten Telementor handele es sich um ein nicht mehr angemessenes Teleskop.

Der Zeiss C 63/840 Refraktor wiegt ohne okularseitiges Zubehör 3 kg und ist relativ lang. Er fällt aus dem Raster der heutigen leichten, kurzgebauten ED-Refraktoren. Da stellt sich die Frage nach dem Grund seiner anhaltenden Wertschätzung, denn für den Preis eines Telemator Sets ist ein moderner ED Refraktor mit besserer Farbkorrektur, größerer Optik, Montierung, Stativ und weiterem Zubehör erhältlich. Zeiss hat die Produktion für Amateurteleskop im Jahre 1995 eingestellt.

Technische Daten

Öffnung 63 mm
Brennweite 840 mm
Öffnungsverhältnis 1 : 13,3
Objektivtyp Achromat
Länge
60 cm
Gewicht des Tubus 3 kg
Grenzgröße 11,5 Magnitude
Auflösungsvermögen 1,8"



Das Telemator-Set ist balkontauglich und sieht auch gut aus. An diesem Ort ist die benötigte 220 Volt Stromversorgung vorhanden und das (noch einigermaßen) kompakte Teleskop läßt sich auf dem engen Platz handhaben. Länger darf es jedoch nicht sein.

Sonnenfilter


Durch das Sonnenfilter dieses Teleskops ist die Sonne als gelb-orange Scheibe zu sehen.



Das orange Bild wirkt nicht so kontrastreich wie ein Blick durch die Baader Sonnenfilterfolie, durch die eine weisse Scheibe zu sehen ist. Welcher Anblick bevorzugt wird, ist letztendlich eine Frage des Geschmacks.




Okulare





Typ Brennweite Steckdurchmesser Bezeichnung
       
Ortho   4 mm 24,5 mm (0,96 Inch)   4 - O
  10 mm 24,5 mm (0,96 Inch) 10 - O
       
Huygens 16 mm 24,5 mm (0,96 Inch) 16 - H (mit herausdrehbarem Fadenkreuz)
  25 mm 24,5 mm (0,96 Inch) 25 - H
  40 mm M44 Anschlussgewinde 40 - H


Huygens Okular Orthoskopisches Okular
Bildquelle:        Wikipedia / Urheber: Tamasflex

Huygens Okulare?

Zunächst scheint es kaum glaubhaft, dass ein hochwertiges Produkt von Carl Zeiss mit solchen Okularen ausgestattet wurde.

Wikipedia erwähnt:
"Das Huygenssche Okular wurde im 17. Jahrhundert von Christiaan Huygens entwickelt und ist somit eines der ältesten Linsensysteme. .... Das optische Design des Huygensschen Okulars gilt heutzutage als überholt, da die Augen sehr dicht an das Okular geführt werden müssen, es hohe Bildverzerrung gibt (besonders bei Teleskopen mit kleiner Brennweite), auch hier noch relativ viele chromatische Aberrationen auftreten und es nur ein kleines Sichtfeld zulässt. ... Der größte Vorteil des Huygensschen Okulars zeigt sich bei der Projektion des Sonnenlichts. Bei ihm sind die einzelnen Elemente auf Grund der Anordnung nicht miteinander verklebt, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass das System durch das intensive Licht der Sonne beschädigt wird, wesentlich geringer ist. ..."

Viele billige Kaufhausteleskope wurden in den letzten Jahrzehnten mit einfach gefertigten Huygens Okularen verkauft. Tasco, Revue und andere Marken entmutigten seit den 1970'ern bis vor wenigen Jahren viele Einsteiger mit schrecklichen Produkten. Die Abbildungsqualität solcher Systeme war dermaßen schlecht, dass der Ruf der damit gelieferten Okularsorten erheblich gelitten hat.

Beim Blick durch die Zeiss-Okulare wird man eines Besseren belehrt. Der Telementor bietet mit seinen Huygens Okularen eine sehr gute Bildqualität, die wenig zu tun hat mit den engen tunnelförmigen und nicht richtig scharfen Bildern der genannten Billigteleskope. Dass zweilinsige Okulare eine so vorzügliche Bildqualität ermöglichen, macht nachdenklich.

Okularrevolver









Vierfach - Okularrevolver

Der Okularrevolver enthält ein großes Prisma und ist für den besten Einblick drehbar. Erfreulicherweise ist das Bild seitenrichtig und aufrecht. Dadurch ist das Teleskop nicht nur für astronomische Beobachtungen gut brauchbar. Naturbeobachter dürfte das zu schätzen wissen. Die Konstruktion ist solide und präzise. Es gibt drei Gewinde füe 24,5mm Steckhülsen und ein Gewinde für M44.

Montierung



Parallaktische Montierung TM

Die Montierung hat einen Synchronmotor an der RA-Achse, der mit 220 Volt betrieben wird. Er läuft mit Sternengeschwindigkeit. An beiden Achsen befinden sich manuelle Feintriebe. Hier werden keine Schnecken und Zahnräder eingesetzt. Der manuelle Feinantrieb erfolgt über Zug und Druck durch einschraubbare Stangen und Federn. Unter Nutzung des vollen Einstellbereichs wäre das manuelle Folgen (ohne Motorantrieb) ca. 0,5 Stunden möglich. Hervorstechende Merkmal sind die großen Teilkreise, mit denen bei gut ausgerichteter Montierung astronomische Objekte leicht gefunden werden können. Der Anschluss des Teleskops erfolgt über die Zeiss-Prismenschiene.

Gewicht des Achsenkreuzes 4,5 kg
Gewichts des Gegengewichst 2,5 kg
Tragkraft max. 8 kg
Anschluss Klemmbare Schwalbenführung
manueller Nachführbereich ca. 30 Minuten / in Stunde 7,5°

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Optische Qualität

Fotografischer Test


Pentax K-5 am Zeiss C 63 / 840 Teleskop
Aufnahme durch das 840mm Objektiv.

Ausschnitt aus dem Bild. Erkennbar ist eine Deformierung des Fahnemastes durch eine unruhige Luft, die flimmerte. Sie setzt hinsichtlich der Auflösung Grenzen.

Die Spitze des Fahnenmastes ist gut aufgelöst. Das Objektiv erzeugt hier moderate bläuliche Farbsäume.


Blaue Farbsäume
Ein achromatisches Objektiv mit einem an Fernrohren typischen Öffnungsverhältnis von 1:15 oder kleiner, erzeugt je nach Motiv und Lichteinfall an Kanten mehr oder weniger ausgeprägte Farbsäume. Das betrifft auch die Optik des C 63 / 840. Der bläuliche Farbsaum ist relativ leicht mit einer modernen Bildbearbeitungssoftware unterdrückbar.'


Bilddetail - gute Auflösung, bläuliche Farbsäume

Bilddetail - gute Auflösung, bläuliche Farbsäume

Bilddetail - gute Auflösung
Farbsäume durch ACDSee Pro 4 unterdrückt

Bilddetail - gute Auflösung trotz flimmender Luft
Farbsäume durch ACDSee Pro 4 unterdrückt

Astronomische Beobachtung

Vom Balkon aus stand die Venus südwestlich hoch am Himmel. Der Jupiter näherte sich während der Abenddämmerung bereits dem westlichen Horizont und befand sich schon in unruhiger Luft. Mit Hilfe eines Fernglases konnte seine Position am noch hellen Himmelshintergrund festgestellt werden. Das Zeiss Teleskop zeigte ihn im 10 mm Ortho (84x vergrößert) als kleine scharfe Kugel mit sichtbaren Bändern. Die Monde waren feinste Pünktchen. Im 4 mm Ortho (220x) ließ er sich nicht mehr scharf stellen. Die Luft waberte und die Kugel schien im Feuer zu tanzen.

Die bedeutend höher stehende Venus ähnelte im 4 mm Okular dem halbvollen Mond, jedoch ohne Kraterlandschaft. Das Bild war scharf und der helle Planet war von einem dezenten bläulich/pupurfarbenen Halo umgeben.

4 mm Okularbrennweite ergeben bei 840mm Objektivbrennweite eine Vergrößerung von 220x. Nicht schlecht für einen 63mm Refraktor. Dafür muss ein Objekt auch hell genug sein. Die Venus ist es allemale.

Der kleine Zeiss Refraktor eignet sich besonders zum Betrachten von Sonnenflecken und des Mondes.

Fazit

Es gibt viele Teleskope und noch mehr Kriterien, anhand derer sie bewertet werden können. Teleskope sind stets modulare Systeme bestehend aus dem Tubus, der Montierung und den Okularen nebst binokularen Ansätzen, Suchern, Stativen, Steuerungen und etlichen weiteren Dingen. Das Sammelsurium der Einzelteile wird durch Adapter zusammengehalten. Häufig gibt es Kombinationen aus teuren Einzelteilen, die improvisiert erscheinen und den Anwender nicht zufriedenstellen. Es wird viel verkauft, wovon man in der Praxis meint, das müßte doch mehr können. Beim Zeiss ist das anders. Alles passt bestens zusammen und übertrifft manche Erwartungen.

Der Zeiss Telemator, also die Kombination aus dem Stativ, der Montierung und dem Tubus nebst dem Okularrevolver, den Okularen, dem Sucher und dem Sonnenfilter macht einen kompletten und stimmigen Eindruck. Hier wackelt nichts. Am okularseitigem Ende verkippt kein Tubus durch das Gewicht einer Kamera. Alle Teile sind gut verarbeitet und passen harmonisch zusammen. Das kann man von anderen, individuell zusammengestellten Systemen nicht immer behaupten.

Der 63/840 Achromat erlaubt gemäß der Theorie über Teleskope eine maximale sinnvolle Vergrößerung von 63 x 2 = 126x, doch selbst im 4mm Okular, das 220x vergrößert, sieht die halbvolle Venus ordentlich aus. Der diffuse bläuliche Saum, hervorgerufen durch den Achromaten, wirkt nur störend wenn man prinzipiell auf eine Apo-Farbreinheit größten Wert legt. Ansonsten sind die klaren Bilddetails und die hohe Schärfe, die man dem kleinen Teleskop nach Erfahrungen mit größeren Instrumenten gar nicht zumutet, sehr überzeugend.

Nichtsdestrototz sollte man sich bei Preisen ab 1000 € für ein Set überlegen, ob ein moderner ED / APO Refraktor mit 80 mm Öffnung die bessere Alternative wäre.


Testbilder:   Vergleichsaufnahmen mit diversen Teleobjektiven

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