Reflecta ProScan 3600 Diascanner
Thomas Gade © November 2002Der Reflecta Proscan 3600 ist ein Filmscanner, der ganze Filme in einem Rutsch durchzieht und mit bis zu 3600 dpi scannt. Sein Preis liegt zwischen 500 bis 600 €. Die Verpackung enthält neben dem Scanner ein USB- und Firewirekabel, dazu die Software, Photoshop Elements und ein kleines Handbuch. Der Reflecta ProScan 3600 hat kein Feature, um Schmutz auf dem Film zu erkennen.
Die Installation erfolgte an einem PC mit einem Athlon 1400 auf einem K7S5A Board. Er enthält drei Betriebssysteme (Win 98Se, Win ME und Win XP) auf drei bootfähigen Partitionen. Es erfolgte eine Einbindung in alle drei Systeme. Wenn man die Reihenfolge der vorgeschriebenen Handlungen peinlich genau beachtet, ist die Installation leicht. Schließt man aber den Scanner vor dem Installieren der Software an, bekommt man unter Win 98 Se und Win Me erhebliche Probleme. Also aufpassen!
Mein Scanner wollte zunächst nicht arbeiten. Er war angeschlossen und eingeschaltet. Ich schob einen Filmstreifen in den Aufnahmeschlitz. Die Lampe leuchtet zwar, aber sonst geschah nichts. Der Scanner hat trotz vieler beweglicher Teile keine Transportsicherung, wie sie bei vielen Scannern üblich ist. Sollte sich etwas verkantet haben? Ich schob die vordere Abdeckklappe nach unten und zwängte ein gerahmtes Dia in den anderen Schlitz. Nun startete der Scanner seltsame geräuschvolle Aktivitäten. Nach dem Entfernen des Dias konnte ich oben einen Filmstreifen einführen, der automatisch weiter eingezogen wurde.
Nach dem Installieren der Software gab es ein Ansprechproblem, das sich beheben ließ, indem man den Scanner aus- und einschaltet und den Rechner neu startet. Der Scanner ist erst mal eine ganze Weile mit Kalibrierungsvorgängen beschäftigt, bevor er seine Dienste anbietet. Im übersichtlichen Scanprogramm findet man allerhand nützliche Funktionen, die sich einer erfahrenen Scankraft schnell erschließen. Dennoch bleiben einige Fragen offen, zu denen man gerne etwas nachschlagen möchte. Das Handbuch ist sehr spärlich ausgeführt und nahezu unbrauchbar. Auf der CD gibt es einen Ordner namens "manuals". Er enthält diverse Ordner, die jeweils nach einer Sprache benannt sind. Im Ordner "germany" befindet sich nur eine AcrobatReader-Installationsdatei! Ein Mitarbeiter von Reflecta teilte mir mit, daß sich lediglich im Ordner "english" eine (englischsprachige) pdf-Datei befinden würde. Sie entpuppte sich als unvollständiges Tutorial, das mittendrin aufhört und viele angekündigte Kapitel gar nicht enthält. Reflecta sollte hier unbedingt nachbessern, da dies ein echter Produktmangel ist. über die Eingabe des Namens der Scansoftware bei Google stieß ich auf die Webseiten des Herstellers. Der Reflecta ProScan 3600 wird von Pacific Image Electronics (PIE) produziert. Er wird baugleich von PIE, Microthek und Reflecta vertrieben. Auf den Seiten von PIE gab es ein Treiberupdate, aber kein besseres Handbuch.
Scannen
Der Scanvorgang mit dem Reflecta wirft einige Rätsel auf. Ein Filmstreifen wird oben in den Schlitz geführt und während der Verarbeitung motorisch durch den Scanner gezogen, wobei er nach unten gebogen wird und aus dem unteren Schlitz herauskommt. Ein frisch entwickelter Film hat die Neigung, sich entsprechend seiner früheren Wicklung in der Filmpatrone aufzurollen. Dabei liegt die Schichtseite innen und die glänzende Trägerseite außen. Ein Sticker auf dem Gehäuse gibt an, wie herum der Film eingeführt werden soll. Zudem gibt es auf der Verpackung des Reflecta einige Bilder, die diesen Vorgang zeigen. Folgt man diesen Hinweisen, wird der Film entsprechend seinem Drall in den Scanner eingeführt. überraschenderweise erhält man in dem Fall bei einer Standardeinstellung der Software spiegelverkehrte Dateien! Beim Scannen einer einzelnen Datei ist das nicht problematisch, da es eine Funktion zum Spiegeln der Bilder gibt. Leider funktioniert das nicht beim automatischen Scannen eines ganzen Films. Die Einstellung bleibt nur für das erste Bild erhalten. Um sich langwierige Operationen am Photoshop zu ersparen, muß man den Film entgegen seinem Drall in den Scanner bekommen. Das ist nicht immer einfach. Das erste Bild eines Films geht gelegentlich drauf, weil man es knicken muß, damit es beim Einführen überhaupt dem Weg des Schachts folgt. Zudem bringt dieses Gefummel Schmutz auf die ersten Bilder, den man später retuschieren muß. Abgesehen davon macht sich Staub bei den meisten Bildern weniger bemerkbar, als man anfangs vermuten mag.
Um spiegelverkehrte Bilder beim Stapelscan zu vermeiden, muß der Film entgegen seinem Drall in den Scanner gebracht werden. Das erscheint unlogisch! |
Der Reflecta ProScan 3600 transportiert den Film soweit, daß das erste Bild in die richtige Position zum Abtasten gebracht wird und macht automatisch einen Prescan. Anschließend kann man die Standposition des Bildes korrigieren, falls es vom Scanner falsch positioniert wurde.
Die Einstellung der Auflösung bietet viele Stufen an. Man muß berücksichtigen, daß der Scanner eine maximale optische Auflösung von 3600 dpi hat. Wenn das zu hoch ist, sollte man 1800 dpi (0,5 x 3600) wählen. Das entspricht der Qualität einer 4 Megapixelkamera. Beim Reflecta Proscan werden die oft üblichen 2700 dpi interpoliert. Dabei wird mit 1800 dpi abgetastet und anschließend hochgerechnet. Besser ist es, mit 3600 dpi zu scannen und per Photoshop oder einer anderen Bildbearbeitung auf eine geringere Auflösung umzurechnen. Ansonsten hat die Software einiges zu bieten. Tonwertkurve, Farbkorrekturen, drehen, spiegeln, Filmprofile etc. Für die Software spricht, daß die Oberfläche aufgeräumt und überschaubar ist.
Hat man den Film erfolgreich geladen und der Scanner seine Kalibrierungsvorgänge abgeschlossen, verläuft der automatische Scanvorgang erstaunlich problemlos. Der Film wird mit einer nicht unbeträchtlichen Geräuschentfaltung klaglos durchgezogen und Bild für Bild gescannt.
Die Ergebnisse sind ganz ordentlich. Wer vorher mit 2700 dpi gescannt hat, mag zunächst enttäuscht sein. Die Darstellungen von Details, welche mit 3600 dpi gescannt wurden, sind bei 100% Darstellung unschärfer. Das liegt daran, dass man einen wesentlich kleineren Ausschnitt sieht und die Vorlage kaum mehr hergibt, als 2700 dpi bereits erfasst haben. Ab einem gewissen Punkt sind Details eben unscharf und daran kann eine höhere Auflösung nichts ändern. Im Vergleich mit dem Nikon LS-2000 ist feststellbar, daß der Reflecta nicht mehr Details zeigt.
Silverfast Ai 6 und der Reflecta Proscan 3600
Die Fa. Lasersoft bietet eine Software namens Silverfast an. Sie gilt als hervorragende Alternative zu den Programmen, die viele Hersteller ihren Scannern beilegen.
Der Reflecta Filmscan 3600 Pro wird mit der Software Cyberview geliefert. Es ist vollkommen egal, ob der Scanner den Namen Reflecta, PIE oder Microtek trägt, Cyberview geht immer und kommt auch bei vielen anderen Scannern zum Einsatz. Nun gibt es bei Reflecta eine Besonderheit. In der Produktpalette der Filmscanner findet man den Reflecta RPS 3600, der zuvor zu den Produkten von Kodak zählte. Daneben gibt es den Reflecta Proscan 3600. Der RPS wird mit Silverfast ausgeliefert, der Proscan mit Cyberview. Ich nehme stark an, daß die Scantechnik in den Geräten identisch ist und jeweils von Pacific Image Electronics stammt. Von Reflecta erfuhr ich, daß der RPS eine bessere Optik haben soll. Beide haben eine (angebliche) Auflösung von maximal 3600 dpi und einen Dmax von 3,6. Der RPS ist teurer und hat ein paar Knöpfe mehr auf seinem kitschigen Gehäuse. In einer Fotozeitschrift las ich, daß der RPS mit Silverfast deutlich besser scannen soll als mit Cyberview. Zudem stand auf der Webseite von Lasersoft, daß die neue Silverfastversion automatisch Schmutz erkennen und beseitigen kann, auch wenn der Scanner hardwaremäßig nicht mit einer Schmutzerkennung ausgestattet ist.
Dies waren Gründe genug, um die Fa. Lasersoft um eine Testversion für den Reflecta zu bitten. Die Firma war diesbezüglich sehr zuvorkommend und schickte mir ohne zu zögern neben der Software für den Reflecta noch eine HDR Version für die Bearbeitung von Bilddateien, die im Handel immerhin mit 299,- Euro zu Buche (424,- Euro mit IT8 Kalibrierung) schlägt.
Die Silverfast-Installation klappte erstmal gar nicht. Der Scanner wurde nicht erkannt und gab keinen Mucks von sich. Seltsamerweise funktionierte eine aus dem Internet gezogene Demoversion für den baugleichen Micotek-Scanner. Ich informierte Lasersoft über den Vorfall, woraufhin meine erste Installations-CD gegen eine neue ausgetauscht wurde. Nach dem Installieren wurde der Scanner erkannt und ließ sich im Demomodus betreiben. Die beigefügten Angaben zum Freischalten wurden nicht akzeptiert. Es stellte sich heraus, daß sich mein Reflecta Proscan unter dem Herstellernamen (PIE) anmeldet. PIE liefert das Gerät an diverse Vertreiber, die ihn unter ihrem Namen anbieten. Eigentlich sollte sich das Gerät beim Installieren unter dem Vertriebsnamen melden. Aus diesem Grund wurden die Serialisierungsangaben für Reflecta-Scanner nicht angenommen. Lasersoft gab mir einen Downloadcode für den baugleichen PIE-Scanner und andere Serialisierungsangaben, womit schließlich alles funktionierte.
Silverfast ist gewöhnungsbedürftig. Die Oberfläche ist chaotisch strukturiert. Es öffnen sich diverse Fenster, die übereinander liegen. Silverfast wurde wahrscheinlich für große Monitore konzipiert, auf denen man allerhand Fenster nebeneinander anordnen kann. Für Silverfast muß die Auflösung über 800 x 600 liegen, um die Menues vollständig überblicken zu können.
Cyberview 1.74 contra Silverfast Ai 6
Silverfast wird als Photoshop-Plugin oder als Twainschnittstelle installiert. Das Photoshop-Plugin kann als Standalone-Anwendung aufgerufen werden. Cyberview muß zwingend mit einem Bildbearbeitungsprogramm geöffnet werden. Das kann zu Problemen führen, wenn man mit 12 Bit scannt, da diverse Programme nur 8 Bit pro Farbkanal akzeptieren. In dem Fall bekommt man völlig irreführende Fehlermeldungen, z.B. daß der Speicher voll ist.
Scan eines Farbnegativs
links: Cyberview, rechts: Silverfast
Der erste Prescan mit Silverfast war eine überraschung. Ich hatte den Film so eingeführt, wie es der Sticker auf dem Scanner vorschrieb. In diesem Fall hatte mir Cyberview stets ein spiegelverkehrtes Bild geliefert. Silverfast stellte das Bild richtig herum dar. Die Rohdateien mit Silverfast haben bessere Farbverläufe und Tonwerte als Cyberviewscans.
Ein Vergleich der Tonwertkurven der Rohscans.
Cyberview |
Silverfast |
Dias Scannen
Das Scannen von einzelnen Dias mit einem Reflecta Proscan ist aufgrund der langen Kalibrierung und Belichtungsmessung vorab nervenaufreibend. Es ist besser, den Film unzerschnitten zu digitalisieren und die Bilder danach zu rahmen.Rohscan vom Diapositiv mit Cyberview Das Bild ist spiegelverkehrt |
Rohscan vom Diapositiv mit Silverfast |
Cyberview Rohscan nach der Korrektur mit
Fotostation. Es ist leicht möglich, ein gutes Bild zu bekommen. |
Silverfast Rohscan nach der Korrektur mit
Fotostation. Den Vorgang hätte man sich schenken können. |
Scans von Farbnegativen mit Silverfast Ai 6 bringen meist stimmigere Dateien als Cyberview. Der Unterschied ist meist nicht bedeutend, gelegentlich aber schon. Beide Programme bieten einen Dialog für Angaben über den Filmtyp an. Dadurch soll der Scanvorgang optimal auf den jeweils verwendeten Film abgestimmt werden. Auf diesem Gebiet hat Lasersoft seine Hausaufgaben wesentlich besser erledigt als die Entwickler von Cyberview, bei dem erst mal herausgefunden werden muß, welches Profil zu dem zu scannenden Film paßt. Meine Fuji Superia 200 Filme lassen sich mit Cyberview am besten mit der Einstellung für Kodak 160 Porträtfilme digitalisieren. Die Einstellung "Fuji 200" bringt unschöne Ergebnisse. Silverfastdateien erfordern meist einen geringeren Nachbearbeitungsaufwand. Außerdem erschien es, als ob Silverfast besser mit dem Autofokussystem des Scanners zurechtkommt. Einige Dateien zeigten schärfere Details. Bei einem Vergleich der Silverfastdateien aus dem Proscan mit Dateien aus einem Nikon LS-2000 bei höchster Auflösung ist feststellbar, daß die Nikondateien weicher sind. Der Reflekta ist leicht detailstärker, zeigt aber ein deutliches Korn, das mit einem leichten Gaußschen Weichzeichner angenehm gemildert werden kann, ohne die Zeichnung negativ zu beeinflussen.
Automatische Schmutzkorrektur
Silverfast enthält eine automatische Schmutz- und Kratzererkennung und -korrektur. Dies ist bei einem Scanner, der hardwareseitig keine derartige Funktion hat, interessant. Das Programm erkennt tatsächlich viele Fehler, die vom Staub herrühren. Allerdings sollte man die Funktion nur in Bildzonen anwenden, in denen nicht gleichzeitig auch andere kleine Stippen, Reflexe, herausragende Pünktchen etc., die zum Bild gehören, vorhanden sind. Man markiert mit einem Lasso Bildteile, in denen eine Schmutzerkennung und Korrektur stattfinden soll. Silverfast beseitigt den erkannten Schmutz (Staub, kleinere Kratzer) ganz gut. Diese Funktion ist im Batchverfahren nicht anwendbar, da für jedes Bild individuell festgelegt werden muß, welche Bildzonen bearbeitet werden sollen. Es kann sonst passieren, daß man kleinere, aber wichtige Bildetails beseitigt. Dazu gibt es eine interessante Alternative.
Dust Removal Tool von Polaroid
Bei Polaroid kann man ein Tool namens "dust removal" herunterladen, das hervorragend funktioniert. Es kann als Einzelanwendung aufgerufen werden und/oder bindet sich in die Photoshop-Filterliste ein. Es ist einfach zu bedienen und kostenlos!
Automatisches Scannen eines ganzen Films
Cyberview ermöglicht das Scannen eines ganzen Films. Man benötigt nur den Preview vom ersten Bild, um die Bildpositionierung zu korrigieren und einen Batchscan zu ermöglichen. Das ist ganz praktisch, wenn man einen Film ohne zeitaufwendigen Vorlauf digitalisieren möchte.
Bei Silverfast ist das anders. Es muß von jedem Bild des Films ein Prescan gemacht werden, bevor der Batchscan möglich ist. Ohne die Prescans ist es nicht möglich, den Film zu einem bestimmten Bild vor- oder rücklaufen zu lassen. Das Anfertigenlassen der Previews von allen Bildern kostet natürlich Zeit. Für einen Scanner wie den Proscan wäre es sinnvoll, Silverfast mit einer Schnellstartoption zu versehen, die einen Batchscan ohne die Prescans ermöglicht.
Fazit
Der Reflecta Proscan 3600 ist in erster Linie ein Scanautomat für lange Filmstreifen. Er ist bedingt für das Scannen von einzelnen Dias oder kurzen Filmstreifen geeignet, da die Kalibrier- und Belichtungsmeßvorgänge relativ lange dauern. Das ist völlig ok, wenn anschließend viele Bilder automatisch digitalisiert werden, aber lästig, wenn man sich einen Haufen Einzeldias vornimmt.Der Reflecta Proscan zieht mit Cyberview klaglos Filme durch. Die Dateien müssen nachbearbeitet werden. Dazu bevorzuge ich Fotostation, mit dem die meisten Schritte wie Beschneiden, Drehen und Tonwertkorrektur rasch ausgeführt werden können. Silverfast liefert Bilddateien, bei denen der Nachbearbeitungsaufwand oftmals geringer ist. Außerdem bietet Silverfast die Möglichkeit, weitgehend unbeeinflußte Daten mit 16 Bit auf der Festplatte zu speichern, um sie anschließend mit der Software Silverfast HDR zu bearbeiten oder als Archivdatei zu speichern, die alles enthält, was der Scanner bringen kann. Das ist interessant, weil man die Bilder nicht erneut scannen muß, wenn zukünftig Software auf den Markt kommt, die die Rohdateien besser interpretieren kann.
Unter Berücksichtigung seines Preises ist dieser Scannertyp ein hervorragendes Produkt zum Scannen von langen Filmstreifen. Es gibt baugleiche Varianten von anderen Scanneranbietern. Die Alternative von Nikon (Super Coolscan 4000) ist preislich 4x so teuer.
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