Polaroid Sprintscan 35 Plus
© Thomas Gade / März 2006Der Polaroid Sprintscan 35 Plus ist seit Jahren aus deutschen Fotogeschäften verschwunden. In den USA waren Neugeräte bis 2005 im Handel. Der Scanner digitalisiert Kleinbildfilme mit guten Ergebnissen. Die Software Pola Insight wurde laufend verbessert und steht auf der Polaroid-Website kostenlos zur Verfügung. Besser ist die Software VueScan, die den Scanner richtig ausreizt. Die maximale Auflösung beträgt 2700 dpi und 12 Bit pro Farbkanal. Sein Dmax wird mit 3,4 angegeben. Ich habe mit Scannern, denen bessere Werte zugeschrieben wurden, schlechtere Ergebnisse erzielte. Seine diffuse Beleuchtung hat Vorteile beim Scannen von kontrastreichen Vorlagen und Schwarzweißfilmen.
Der Anschluß erfolgt über eine SCSI-Schnittstelle. Der Scanner hat weder einen automatischen Filmeinzug noch eine Schmutzerkennung aber eine diffuse Beleuchtung, die Schmutz und Kratzer unterdrückt. Sie ist vergleichbar mit den Multigrade- oder Colorköpfen der letzten Vergrößerungsgeräte, deren Licht nicht wie die klassischen Kondensorbeleuchtungen jeden Makel betonte. Die Schärfe des Bildes leidet nicht unter dieser angenehmen Lichtquelle. Zudem ist sie auswechselbar. Unter der vorderen Klappe befindet sich eine Ersatzlampe. Es ist eine kurze Neonröhre des Typs PHILIPS TL Mini 4W 33 oder eine vergleichbare von Osram und anderen Herstellern. Wichtig ist die Bezeichnung TL (Tageslicht) oder DL (Daylight). Man kann solche Lampen von profilight.de beziehen. Der Scanner ist kompakt, robust und leicht in Betrieb zu nehmen.
Polaroid SprintScan 35 Plus Scanner, Stromkabel, SCSI-Kabel und zwei Filmstreifenhalter.
Die Vorlagen werden von einer Leuchtstoffröhre durchleuchtet. Unter der vorderen Klappe ist Platz für eine Ersatzlampe.
Rare Ersatzteile. Die Filmstreifenhalter sind gesucht. Beim Gebrauchtkauf ist darauf zu achten, dass mindestens ein 'filmstripholder' dabei ist.
SCSI - Installation unter Windows
Wer kennt noch den SCSI Anschluss? Gelegentlich schreiben mir Leser, dass der Sprintscan 35 Plus nicht unter Windows XP läuft. Das ist falsch. Man muss lediglich einen ASPI-Treiber installieren. Das Polaroid-Programm wird ausschließlich mit der Option 'Sprintscan 35 Plus' installiert, dann fährt man den PC runter, schaltet den Scanner an, und fährt wieder hoch. Es kann sein, dass Windows XP den Scanner als neue Hardware identifiziert und den Treiber erneut installieren möchte. Man kann diese Information wegklicken und das Scanprogramm starten. Der Scanner wird laufen.
Ansonsten, wie teuer ist ein PC aus dem Jahre 2006 auf dem Gebrauchtmarkt? Wer den Polaroid nicht an ein modernes Gerät anschließen kann, staubt einen guten älteren PC mit SCSI-Karte ab. Der Gebrauchtmarkt ist voll mit spotbilliger Technik, vor dem man bei Erscheinen diese Scanners nur träumen konnte.
Gescannt wird mit VueScan Pro. Das Programm bietet mehr Optionen als Pola Insight und liefert bessere Dateien. Die Einarbeitung dauert länger, doch wer sie hinter sich gebracht hat, mag VueScan nicht mehr missen.
Große Scanfläche
Die Dias können im Hoch- oder Querformat in den Scanner gesteckt werden. Er hat eine große Scanfläche, die Vorlagen bis zu 42x42mm erfasst. Damit lassen sich die quadratischen Superslides scannen, die eine größere Fläche als normale Kleinbilddias haben. Kürzlich geriet ich an wunderbare Farbaufnahmen aus den sechziger Jahren, die im 4x4-Format in Marokko aufgenommen wurden. Mit dem Polaroid konnten die Bilder hervorragend gescannt werden. Kennen Sie einen anderen Diascanner, der dazu in der Lage ist?
Der Polaroid ist schnell. Ein Scan dauert bei voller Auflösung ca. eine halbe Minute. Wenn man mit dem Filmstreifenhalter scannt, reicht ein Vorscan des ersten Bildes, um den Ausschnitt zu justieren und die Software einzustellen. Danach schiebt man den Halter von Bild zu Bild. Der Filmhalter hat eine spürbare Rasterung. Mit etwas Übung und VueScan schafft man einen sechser-Filmstreifen in vier Minuten.
Der Polaroid hat eine feste Scharfeinstellung mit grosser Schärfentiefe. Es gibt keinen Fokussiervorgang. Dank der großen Schärfentiefe werden sogar gewölbte Dias und Negativs von der Mitte bis in die Ecken scharf gescannt. Bei älteren Vorlagen mit Wölbungen, welche die geringe Schärfentiefe eines teuren Nikon Coolscan 4000 ED oder 5000 Filmscanners überfordern, schneidet der ältere Polaroid besser ab.
Antwerpen um 1955. Das Dia wurde ungeglast in einen CS Rahmen montiert. Es hat trotz jahrelanger Lagerung zwischen zwei Glasscheiben eine Wölbung behalten. Das Bild wurde mit dem Polaroid Sprintscan 35 Plus und dem Nikon Coolscan 4000 ED gescannt.
Große Schärfentiefe
Links: Scan mit dem Nikon Coolscan 4000 ED. Das Bilddetail aus der oberen rechten Ecke ist unscharf. | Rechts: Scan mit dem Polaroid Sprintscan 35 Plus. Das gleiche Bilddetail ist viel schärfer. Die Staubpartikel auf dem Dia werden kleiner und unauffälliger dargestellt. |
In den mittleren Zonen (nicht dargestellt) hat der Nikon etwas mehr Biss als der Polaroid. Doch ist der Unterschied bei alten Dias, welche nicht so feinkörnig wie moderne Diafilms sind, unbedeutend. Nimmt man ungewölbtes scharfes Dias oder Farbnegative auf feinkörnigen Filmen, ist der Nikon im Vorteil. Neben der höheren Auflösung kommen die Vorteile der ICE-Defektbeseitigung zum tragen. Für meine Archivarbeit verwende ich sowohl den Polaroid als den Nikon Coolscan 5000. Beide habe ihre Stärken und ergänzen sich wunderbar.
Schwarzweiss
1991. Holland
Scan von einem Orwo NP 22 Schwarzweissfilm. Das Negativ ist relativ hart (kontrastreich). Die Darstellung entspricht dem Rohscan mit dem Polaroid Sprintscan 35 Plus ohne Korrekturen im Scanprogramm.
Details aus dem Bild:
links: Scan mit Nikon Coolscan 4000 ED mit 4000 dpi (auf 2700 dpi runtergerechnet) / rechts: Scan mit Polaroid mit 2700 dpi
links: Scan mit Nikon Coolscan 4000 ED mit 4000 dpi (auf 2700 dpi runtergerechnet) / rechts: Scan mit Polaroid mit 2700 dpi
Schwarzweissfilme scannt der Polaroid hervorragend. Mit den richtigen Einstellungen der Software (VueScan!) werden gute Scans erzielt, die als 16-Bit-Tifs ausgegeben werden. So bleibt ausreichend Spielraum für die Bearbeitung der Tonwerte. Bei feinkörnigen scharfen Filmen bringt ein Nikon Coolscan 4000 oder 5000 dank seiner höheren Auflösung bei 4000 dpi einen Hauch mehr Details mit starker Korn- und Defektbetonung. Die Polaroiddateien haben angenehme Tonwertverläufe und benötigen keine Kornreduzierung. Sie vertragen eine Unscharf-Maskierung. Man achte auf die Brillengläser und den Brillenschatten auf der Nase. Dort zeigt der Nikonscan Schwächen; die dunklen Partien haben weniger Zeichnung. Staub und Kratzer sieht man Polaroid weniger stark als beim Nikon. Da die infrarotbasierte Defekterkennung des Nikon oder anderer Filmscanner nicht bei konventionellen Schwarzweissfilmen einsetzbar ist, spricht vieles für den Polaroid Sprintscan 35 Plus zum Digitalisieren solcher Filme.
Weiteres dazu: Schwarzweiss mit Nikon
Diarahmen, deren Scheiben leicht eingetrübt sind, führen beim Polaroid zu milchigen, flauen Bildern. Der Belag auf den Gläsern wirkt wie ein Weichzeichner. Solche Dias muss man glaslos umrahmen, um gute Ergebnisse zu bekommen.
Arbeit delegieren
Vielleicht haben Sie eine Möglichkeit, jemanden für sich scannen zu lassen? Der Polaroid ist leicht zu bedienen. Ich habe in Beschäftigungsprojekten für Arbeitslose die Erfahrung gemacht, dass unsere Nikon LS 2000, der Canon 2700 und der Nikon Coolscan 5000 selten richtig verstanden wurden. Dagegen wurde mit dem Polaroid Sprintscan gerne gearbeitet. Das lag u.a. daran, dass ein Scan nur knapp 40 Sekunden dauerte. Der Nikon benötigte mit seinen Korrekturen erheblich länger und war komplizierter zu bedienen.
Technische Daten des Sprinscan 35 Plus
Auflösung | maximal 2700 dpi |
Dmax | 3,4 |
Scandauer | ca. 35 Sekunden für 2700 dpi |
Anschluss | SCSI |
Im Gegensatz zu den übertriebenen Herstellerangaben der späteren Scannergerationen sind diese stimmig. 2700 dpi werden geschafft. Der Scanner ist sehr schnell.
Tipps
Der originale Lüfter des Polaroid ist laut und kann leicht gegen einen leiseren ausgetauscht werden. Die Befolgung dieses Tipps geschieht auf eigene Gefahr.
Der Polaroid Sprintscan bekommt man am günstigsten über ebay.com aus den USA. Es gibt verschiedene Sprintscan 35 Modelle. Nur der Sprintscan 35 Plus ist gut. Er hat ein schwarzes Gehäuse. Der beigefarbene Vorgänger (2700 dpi / Dmax 3,0) bewältigt den Helligkeitsumfang vieler Filme nicht. Die LE Version (1950 dpi / Dmax 3,0) hat eine geringe Auflösung. Bei einem Preis bis zu 100 € ist ein einwandfreier Sprintscan 35 Plus ein Schnäppchen. Mindestens ein Filmstreifenhalter muss dabei sein. Die Stromzufuhr ist automatisch variabel. Bei US-Scannern muss nichts umgestellt werden, wenn statt 110 Volt 220 Volt angeschlossen werden.
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