Yashica MAT-124 G
Zweiäugige 6x6 Spiegelreflexkamera für Mittelformat2019 © Thomas Gade
Die aus Japan stammende Yashica MAT-124 G gehört zu den zweiäugigen Spiegelreflexkameras für den 120'er Rollfilm und somit zu den Mittelformatkameras. Dieser Kameratyp hat zwei Objektive, nämlich eines zum Belichten des Films und darüber ein zweites, dessen Bild über einen feststehenden Spiegel auf eine waagerechte darüber liegende Mattscheibe projiziert wird.
Beim Scharfstellen mit Kontrolle über die Mattscheibe wird die Objektivstandarte mit beiden Objektiven vor oder zurück bewegt, um die richtige Einstellung zu finden. Ist das Bild auf der Mattscheibe scharf, dann stimmt auch die Scharfstellung für das Objektiv vor dem Film.
Yashica MAT-124 G Zweiäugige Spiegelreflexkamera
Während der Aufnahme entfällt ein Spiegelschlag, der Bewegungsunschärfe verursachen könnte. Darüber hinaus haben solche Kameras normalerweise keinen großflächigen Verschluss direkt vor dem Film, sondern einen Zentralverschluss im Objektiv. Dadurch kann selbst die kürzeste Belichtungszeit zum Blitzen verwendet werden.
Das quadratische Aufnahmeformat solcher 6 × 6 Kameras misst etwa 56 × 56 mm.
Dieser Kameratyp ist vor allem durch die legendären Rolleiflex Kameras bekannt, mit denen viele berühmte Fotografen, wie beispielsweise Helmut Newton, gearbeitet haben. Die frühen Rolleiflex-Modelle inspirierten andere Hersteller, sehr ähnliche Kopien zu bauen, die sich preislich und auch qualitativ mehr oder weniger vom Original unterschieden.
Yashica baute diverse zweiäugige 6 × 6 Kameras, die qualitativ zwar nicht ganz an ähnliche Rolleiflex-Modelle herankamen, aber auch hohe Ansprüche erfüllen konnten. Die Yashica Mat 124 (G) war neu und ist gebraucht preiswerter als ein vergleichbares Rolleiflex-Modell. Beim letzteren hat(te) auch die Marke ihren Preis.
Technische Daten
Hersteller | Yashica |
Bezeichnung | Yashica Mat-124G |
Produktion | 1970 bis 1986 |
Verschlusszeiten | 1- 1/500s und B |
Verschluss | COPAL-SV Verschluss |
Film | 120 oder 220 Rollfilm (12 oder 24 Bilder) |
Aufnahmeformat | 6x6 (55 x 55 mm) |
Objektiv Sucher | Yashinon 2.8 / 80 mm |
Objektiv Kamera | Yashinon 3.5 / 80 mm (Blende 3.5 bis 32) |
Anschluss für Zubehör | 30 mm Bajonett |
Entfernung | 1 m bis Unendlich |
Belichtungsmesser | Gekuppelter CdS Belichtungsmesser. (15-27 DIN oder ASA (ISO) 25 - 400) |
Batterie | 1,35 V Knopfzelle |
Preis | 400 DM (entspricht 200 €) im Jahre 1982 |
Gewicht | 1050 g mit Batterie, ohne Deckel |
Die Kamera hat einen Blitzschuh. Der elektrische Kontakt erfolgt mit einem Kabel.
Objektivvorsätze als Zubehör
Als Zubehör gibt es die Nahvorsatzlinsen 1 und 2 (Close up lens) sowie Filter und eine Gegenlichtblende. Weiterhin kann die Brennweite der Objektive der Yashica MAT mit Weitwinkel- und Tele-Vorsatzoptiken verändert werden. Die Vorsätze und Nahlinsen gibt es im Set für beide Objektive, damit das Bild im Sucher mit dem Foto übereinstimmt.
Yashica Mat-124G Twin-Lens Spiegelreflex für den Rollformatfilm. Mit Tasche
Für diese Kamera produzierte Yashica eine Ledertasche, die auch Seagul, Meopta und Rollei im Prinzip nichts anders herstellten. Man trug sie an einem dünnen Lederriemen um den Hals vor dem Bauch. Diese Taschen waren weder praxisgerecht noch bequem. Die Kamera war so hinein zu montieren, dass auf einer Seite die Kurve zu bedienen war und auf der anderen das Drehrad zum Scharfstellen. Um die Objektive an die frische Luft zu lassen, musste die obere und vordere Abdeckung nach unten geklappt werden. Danach konnte man auf den Lichtschacht mit Einblick zu Mattscheibe öffnen. Auf der Unterseite war die Kamera über ihr Stativgewinde mit der Tasche verschraubt.
Gefahr für den Selbstauslöser! Blitzeinstellung M
Eine wichtige Macke dieser Kamera sollte man kennen, um sie am besten gleich zu beseitigen. Zum Blitzen gibt es die Einstellungen X und M. Blitzgeräte für M sind nicht mehr im Gebrauch. Außerdem darf der Selbstauslöser nicht betätigt werden, wenn M eingestellt ist. Sein Mechanismus kann (wird) dann kaputt gehen. Da nur noch X brauchbar ist, sollte man den Hebel mit etwas Epoxydharz auf X festkleben.
Filmkammer
Nach dem Öffnen der rückseitigen Klappe wird die Filmkammer sichtbar. Die Andruckplatte für den Film ist von 12x (120 Rollfilm) auf 24x (220 Rollfilm) umstellbar.
Markierungen für den Pfeil auf der Filmrolle. Bis dahin ist der Film vor dem Schließen der Rückklappe zu spulen. Grün für 120'er Rollfilm und rot für 220'er Rollfilm.
220’er Rollfilm sind leider nur noch aus gelagerten Beständen erhältlich, die in den Internet-Kleinanzeigen angeboten werden. Waren die Filme ständig tiefgefroren oder wenigstens im Kühlschrank, sind viele heute noch zu gebrauchen. Allerdings kann man bei solchen Geschäften nicht abschätzen, ob entsprechende Angaben tatsächlich stimmen. Es wäre deshalb schön, wenn die Filmhersteller einige Mittelformatfilme auch wieder in der 220’er Konfektionierung anböten.
Klappsucher mit Lupe
Im Klappsucher gibt es eine Lupe zum präzisen Scharfstellen. Im Laufe der Jahre gelangt Staub in das Innere des Suchers. Dann sollte man ihn reinigen. Wer nicht gerade zwei linke Hände hat, dürfte damit nicht überfordert sein.
Sucher reinigen
Zum Abnehmen des Klappsuchers sind auf beiden Seiten jeweils zwei kleine Schrauben mit Kreuzschlitz herauszuschrauben. Am besten stellt man die Kamera dazu in eine Schale, weil die kleinen Schrauben sonst dazu neigen, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.
Der Klappsucher lässt sich leicht von der Kamera entfernen, um den Innenraum zu reinigen, in den nach einigen Jahrzehnten Staub eingedrungen ist und sich eventuell auch ein Belag auf den optischen Flächen gebildet hat.
Trüber Belag auf dem Spiegel
Nach dem Abnehmen des Klappsuchers wird der innenliegende Umlenkspiegel sichtbar. Bei diesem Exemplar befinden sich auf ihm Staub und ein trüber Belag. Nach dem Zurückschieben einer Klemme auf der oberen Seite kann der Spiegel zur Reinigung entnommen werden.
Nach dem Abnehmen des Suchers ist auf der Innenseite des Gehäuses des Belichtungsmessers ein U-förmig aufgeklebter schwarzer Schaumgummistreifen zu sehen, der sich nach mehreren Jahrzehnten in einem Zustand der Auflösung befindet. Im Bild ist dieser Bereich durch rote Balken markiert.
Er wird mit einer scharfen Klinge und etwas Alkohol oder Waschbenzin entfernt und durch dünne Streifen selbstklebendes dunkles Moosgummi ersetzt.
Der Sucher enthält zwei Scheiben, nämlich dicht übereinander eine Fresnelscheibe (innen) und darüber eine Mattscheibe. Das Foto zeigt den Sucher in umgekehrter Stellung. Die Mattscheibe befindet sich in der Halterung des Suchers und die Fresnelscheibe wurde herausgenommen und beiseite gestellt.
Im Laufe der Zeit kann Staub zwischen die beiden Scheiben geraten. Dann sollte man die beiden Scheiben trennen, um ihre Oberflächen zu reinigen. Zum Auseinandernehmen der Teile möchte ich hier keine Anleitung schreiben, weil Leute mit zwei linken Händen überfordert wären und andere mit guten handwerklichen Kenntnissen, Fingerspitzengefühl und technischem Verständnis das Rätsel leicht selber lösen.
Bereitschaftstasche
Die komplizierte Bereitschaft Tasche wurde bereits erwähnt. Sie besteht aus zwei Teilen, nämlich einen für unten, hinten und die beiden Seiten. Ergänzt wird es durch die per Druckknöpfen an- oder abmontierbare Klappe aus der zusammenhängenden vorderen und oberen Abdeckung. Mir erscheinen solche Taschen wie Fehlkonstruktionen.
Beim Verwenden von 120 Rollfilmen für zwölf 6x6 Aufnahmen ist das häufige Hinein und Herausfummeln der Kamera eine lästige Prozedur, die den Filmwechsel verkompliziert. Die Yashica Mat 124 kann auch 220‘er Rollfilm verwenden, der doppelt so viele Aufnahmen ermöglicht, aber seit einigen Jahren nicht mehr von den Filmherstellern angeboten wird. Beimi Kurbeln des Spannhebels ist der Gurt im Weg. Das gilt selbst für die noblen zweiäugigen Rolleiflexkameras.
Persönlich ziehe ich beim Arbeiten mit einer zweiäugigen 6 × 6 Kamera eine kleine gepolsterte Fototasche vor, aus der sie rasch herausgenommen und wieder zurückgelegt werden kann. In der Praxis dauert das auch nicht viel länger als die Abdeckungen der originalen Tasche zu öffnen. Außerdem ist beim Bedienen der Kamera auch nichts im Weg.
Aber das ist wohl auch eine Stilfrage und wer den Vintage-Look mag, bevorzugt die originale Tasche. Jedem das Seine.
Das lederähnliche Material ist an mehreren Kanten vernäht. Der Faden der relativ alten Taschen ist manchmal gerissen, sodass die Naht sich auflöst. Mit etwas Schusterleim (Kövulfix) sind solche Verbindungen leicht zu reparieren. Dieser Kleber verbindet sogar besser als die ursprüngliche Naht.
Yashica MAT-124G in der Bereitschaftstasche
Bewertung
Zweiäugige Spiegelreflexkameras sind eine spezielle Kameragattung. Das Bild im Sucher ist spiegelverkehrt, womit nicht jeder klarkommt. Freihändig ist die Gefahr des Verwackelns recht groß mit Belichtungszeiten unter 1/250 s. Am besten verwendet man die zweiäugige Spiegelreflexkamera vom Stativ.Dieser Kameratyp bietet eine relativ preiswerte Möglichkeit, Mittelformatfilme anständig zu nutzen. Das Objektiv hat eine gute Abbildungsqualität. Die Festbrennweite von 80 mm lässt sich durch zwei Vorsätze verlängern oder verkürzen.
Die Yashica MAT-124G hat einen guten Ruf und ist gebraucht für etwa 150-250 € zu erwerben. Echte Schnäppchen sind selten und derzeit (2019) muss man etwa 200 € einplanen. Wer ihr Vorbild bevorzugt, nämlich eine Rolleiflex mit ähnlicher Ausstattung, muss mindestens das Dreifache bezahlen. Sparpotenzial bietet die Seagul 4A aus China.
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Persönlich gehöre ich nicht zur Fangemeinde der zweiäugigen Spiegelreflexkameras. Meine eigenen Versuche, mich mit ihnen anfreunden, waren nicht vom Erfolg gekrönt. Manchmal benutze ich eine, aber jede einäugige Spiegelreflex mit Wechselobjektiven, wie beispielsweise die Pentacon Six für 6 × 6, ist mir lieber. Ich weiß, ihr heftiger Spiegelschlag, …
Die Yashica Mat 124 ist viel leiser und erschütterungsfreier und auch die Möglichkeit, mit 1/500 Sekunde noch zu blitzen, ist ein großer Vorteil. Aber wir belichten Film heute zum Spaß und dazu sollte man möglichst Kameras verwenden, die einem auch aus subjektiven Erwägungen am besten gefallen. Bei der Bewertung spielt eben auch der individuelle Geschmack eine Rolle.
© Thomas Gade
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